Sonntag, Oktober 16, 2005

Steter Tropfen nässt das Bett

Dark Water – Dunkle Wasser
(Dark Water)
USA 2005 105 Min
von Walter Salles
mit Jennifer Connelly, Ariel Gade, Pete Postlethwaite, Tim Roth
Kino (Buena Vista/Touchstone)

Dark Water
(Honogurai mizu no soko kara)
JAP 2002 98 Min
von Hideo Nakata
mit Hitomi Kuroki, Rio Kanno, Mirei Oguchi, Isao Yatsu
DVD (Widesight)


Walter Salles „Dark Water“ ist das erste Hollywood-Remake eines japanischen Horrorstreifens, das eine Daseinberechtigung hat. Im Gegensatz zu den beiden Ring-Filmen und „The Grudge“ wird hier nicht ein Erzählstoff simpel veramerikanisiert und massentauglich seichter gemacht, vielmehr wählt Salles für sein Remake den gleichen ruhigen, depressiven Ton des Originals. Alle Elemente finden sich auch bei Salles wieder, doch erreicht er durch eine andere Gewichtung dieser eine veränderte Sichtweise auf den Filmstoff.
Hideo Nakatas Originalfilm erzählt von einer jungen Mutter und dessen kleiner Tochter, die, mitten in einem Sorgerechtsstreit mit dem Vater des Kindes, in eine Wohnung umziehen. Dort gibt es Probleme mit sich vergrößernden Wasserflecken an der Decke und der Tatsache, dass auf dem Verschwinden eines Mädchens aus dem Apartment darüber ein dunkles Geheimnis liegt. Nakata folgt in seinem Film dem Erzählstil seines überaus erfolgreichen wie bekannten „Ring“. Er nimmt sich viel Zeit für das Aufbauen der Figurenkonstellationen und Situation, die die Frau in ihre neue Wohnung einziehen und dort ausharren lassen. Die gute klassische Horrortradition wird hier hochgehalten: Das Aufbauen einer Atmosphäre latenter Bedrohung, ausgelöst durch einen unfreundlichen Ort, unerquickliche und depressive Begleitumstände, nach und nach eingestreute erklärende Details für die Zuschauer und eine fahle und trostlose Farbgebung. All dies hat das Remake ebenfalls zu bieten, jedoch verschieben sich bald die Blickwinkel beider Filme. Salles teilt dem Zuschauer erst sehr spät mit, dass das Kind aus der Wohnung darüber verschwunden ist und nie gefunden wurde. Eine Information, die Nakata sehr viel früher in seinem Film gibt. Ein wichtiger Fakt, ist er doch der Auslöser des übersinnlichen Geister- und Gruselplots. Hier zeigt sich der Hauptunterschied beider Filme klar. Nakatas Film ist und will ein Horrorfilm sein, Salles’ Remake ein Drama. Durch die unterschiedliche Wissensgrundlage des Zuschauers werden auch die anfänglichen Geschehnisse im Appartment darüber anders wahrgenommen. Dienen diese Nakata zur Erzeugung von Angst und Grusel vor dem Unbekannt-Irrationalem, so werden sie bei Salles als weitere Belastung des Nervenskostüms und der verdrängten Kindheitserinnerungen der Hauptfigur gesehen. Dem unterschiedlichen Ansatz zur Folge steht beim Remake die Figur der Mutter mehr im Vordergrund. An ihrer Entwicklung, ihrer Zerbrechlichkeit, Labilität, aber auch Stärke, Liebe und Durchhaltevermögen in der derzeitigen Lebenssituation ist Salles hauptsächlich interessiert (schon seine vorherigen Filme „Central Station“ und „Die Reisen des jungen Che“ hatten die Wandlung und Reifung eines Charakters unter schwierigen Begleitumständen zum Thema). Er und sein Drehbuchautor Rafael Yglesias geben mehr Information zum biographischen Background (die Rückblenden auf die Kindheit) und schnüren ein komplexeres Netz von Personen um die Hauptfigur herum. Sowohl der Hauswart, der Ehemann und der Anwalt sind im Remake stärker präsent, die beiden jugendlichen Skater, die eventuell vom Ex-Mann angeheuert wurden, kommen im Original überhaupt nicht vor. Sie erhöhen die seelischen Belastungen der Hauptfigur und drängen die übersinnlichen Aspekte des Films zeitweise in den Hintergrund. Hier hat dann auch das Remake seine Achillesverse: Salles Film ist in großen Teilen so sehr ein „realistisches“ Drama, das der Subplot mit dem Geist des verstorbenen Mädchens schon fast nicht mehr passen will, fast wie ein Fremdkörper erscheint. Begünstigt wird dies auch dadurch, dass Salles aufgrund seiner Ausrichtung des Stoffes an ausgedehnten Spannungssequenzen, die das Erscheinen des Geistes des toten Mädchens betreffen, nicht interessiert ist. Die Szene im Toilettenraum der Schule sowie das Finale werden zwar gefällig inszeniert, jedoch wird das Schock- und Suspensepotential der Situationen nicht genutzt, die Szenen sehr kurz gehalten, wo das Original einen noch in die hinterste Ecke der Coach hat zurückweichen lassen. Das Salles’ jedoch der Spagat zwischen Drama und dem Geisterplot gelingt und sein Film über das Mittelmaß hinauskatapultiert liegt zum einen an seiner guten Regie, den hervorragenden Bildern von Affonso Beato sowie am guten Darstellerensemble, allen voran seiner Hauptdarstellerin Jennifer Connelly, die einfach grandios die innere Zerrissenheit und zunehmende Verzweiflung, Panik und Überanstrengung ihrer Figur auf die Leinwand bringt mit Unterstützung ihrer dunklen, geheimnisvollen Augen.

So kann der geneigte Zuschauer wählen: Möchte er ein sehr gutes Drama mit Geister-Subplot oder lieber einen kreuzunheimlichen Gruselfilm sich zu Gemüte führen. Ich für meinen Teil kann mit beiden leben und hoffe, das, wenn wir schon mit Remakes aus Hollywood bombardiert werden, sie sich zukünftig ein Beispiel an „Dark Water“ nehmen, indem sie die Grundstimmung und das Grundgerüst beibehalten, jedoch andere Aspekte der Story hervorheben, ohne in oberflächlichem Müll abzugleiten. Ich weiß, es wird leider nicht mehr als ein frommer Wunsch bleiben.

Sonntag, Oktober 02, 2005

Mirinda Red - And you're Dead!

La Citta` Sconvolta: Caccia Spietata al Rapitori
(Kidnap Syndicate / Auge um Auge)
ITA 1975 95 Min
von Fernando di Leo
mit Luc Merenda, James Mason, Irina Maleeva, Vittorio Caprioli
DVD (Raro)

Der Sohn des Mechanikers Colella wird zusammen mit dem Spross des Geschäftsmannes Filippini entführt. Da dieser jedoch mit den Kidnappern um die Höhe des Lösegeldes feilscht,  beschliessen diese, ihm klar zu machen, dass sie seine Verhandlungstaktik sehr missbilligen. Sie bringen den Jungen von Colella um, aus dem sowieso kein Geld herauspressbar gewesen wäre. Doch Colella fügt sich nicht in stille Trauer.
„La Citta` Sconvola…“ zerfällt hübsch in zwei Teile. Der erste beschreibt das Kidnapping und dessen Ausgang und kommt ruhig und gediegen daher. Fernando di Leo ist ja bekannt dafür, dass er, trotz der Kommerzialität seiner Filme, immer eine kleine gesellschaftskritische Note in seine Werke mit einbaute. Die Vorlage von Galliano Juso (der erste Film di Leos nach einer Fremdidee) dramatisiert die zu der Zeit in Italien gehäuft auftretenden Entführungen, in das Drehbuch baute di Leo dann noch weitere für damalige Italostreifen nicht untypische sozialkritische Momente ein: Den Armen sind immer die (ersten) Opfer! Den Reichen geht Geld über alles, auch über ihr eigen Fleisch und Blut! Da wir es bei vorliegendem Film aber immer noch mit einem Actionfilm zu tun haben, bleibt es bei diesen äußeren Feststellungen. Nach der emotionalsten und damit stärksten Szene des Filmes, der Identifizierung des toten Sohnes durch Colella, ist der Worte genug gewechselt: Herr Merenda zerfliesst mitnichten in Selbstmitleid. Er will Blut sehen. Jetzt!
Damit einher geht natürlich auch, wie typisch im Subgenre der Rachestreifen, dass es mit der Nachvollziehbarkeit der psychologischen Motivation des Hauptprotagonisten nun vorbei ist. So aufregend und unterhaltsam das folgende auch ist, logisch ist es auf jeden Fall nicht. Wer damit leben kann (ich kann es), bekommt nun 45 Minuten lang den Mund nicht mehr zu, den Colella geht auf und davon. Der Mann ist eine tickende Zeitbombe, und schon bald wünscht sich jeder Involvierte der Entführung, er hätte sein Leben sinnvoller geplant. Da hilft auch keine späte Reue mehr, wenn Merendas Gesichtsknochen vor Wut ins Rotieren kommen, dann rappelts im Karton. Rache ist Blutwurst – und beim Metzger gabs heute ein Sonderangebot.
„Auge um Auge“ (die Titelschmiede geht mal wieder leicht am eigentlichen Thema vorbei, ja mei!) zeigt di Leo in Bestform. Die Action ist bestens in Szene gesetzt, die Darsteller (Merenda als Trauender und Derwisch, Mason als knorriger, kalter und kalkulierender Geschäftsmann und Caprioli als Commissario mit den sprechenden Händen) sind erste Sahne und die Musik von Luis Enrique Bavalov (die auch das „Vorspiel-Thema“ aus „Milano Caliber 9“ zitiert) bringt uns die tragischen und tempolastigen Momente des Filmes noch näher. Liebe Italo-Filmgucker-Gemeinde: Dieser Film ist das Eintrittsgeld wert!

Samstag, Oktober 01, 2005

Sarsky & Clutch

Uomini si nasce, Poliziotti si muore
(Live like a Cop, Die like a Man / Eiskalte Typen auf heissen Öfen)
ITA 1976 91 Min
von Ruggero Deodato
mit Marc Porel, Ray Lovelock, Adolfo Celi, Renato Salvatori
DVD (Raro)

Alfredo und Antonio sind zwei Bullen einer Spezialeinheit der Polizei, die zwar erfolgreich sind, leider aber nur wenig mit der Dienstvorschrift am Hut haben. Nach einem tödlichen Anschlag auf einen ihrer Kollegen nehmen sie sich den Mafiaboss Roberto Pasquini, genannt „Bibi“, vor. Doch an den ist mit legalen Mitteln nicht so leicht heranzukommen. Bloss gut, dass die zwei damit noch nie Probleme hatten.
Was uns die Herren Ruggero Deodato (Regie) und Fernando di Leo (Idee und Drehbuchautor) hier vorsetzen, ist schon reichlich harter Tobak. Diese beiden Bullen noch als Gesetzeshüter zu bezeichnen, wäre die Übertreibung des Jahres. Ja, Alfredo und Antonio sind DIE spezielle Art von Polizisten, bei denen auch Dirty Harry und Commissario Ferro für eine Dienstaufsichtsbeschwerde plädieren würden. Okay, wir schreiben die 70er, und damals gehörte es zum guten Ton, dass man als „Cop“ schon mal die Gesetze etwas „dehnen“ musste, um mit dem ganzen neumodischen Abschaum an Psychopathen fertig zu werden. Doch von „dehnen“ kann hier keine Redemehr sein, nein, bei unseren zwei Herren hier haben sich sämtliche Gesetze schon lange nen Muskelfaserriss geholt. Und so drängt sich dem Betrachter die Frage auf: Wie kommt man auf so eine Geschichte?
Ich habe da zwei Theorien. Erstens: Di Leo hat sich mit lustigen Mittelchen selbst eingetütet und dann seinen Alpträumen freien Lauf gelassen. Zweite Möglichkeit: Das ganze ist tatsächlich eine Parodie. Da ich di Leo sehr schätze, widme ich mich einfach mal dem zweiten Punkt, und tatsächlich funktioniert das ganze so ziemlich gut. Alleine die beiden Hauptfiguren sind alles andere als Sympathieträger und werden als dümmliche Proleten mit einem ständig zuckenden Ersatzpenis aus Eisen gezeigt. Außer Ficken, Ballern und über Ficken und Ballern zu reden haben unsere zwei Buletten nicht zu bieten. So lacht man bei ihrer aufgesetzt kühlen Art und ihren pubertären Späßen nicht mit ihnen, sondern über sie. Di Leo muss sich diebisch amüsiert haben beim Schreiben, und setzt zum Schluss zum ganz großen Finale an: Denn nicht die beiden bringen den Mafiaboss um die Ecke, sondern lassen sich wie Anfänger in eine Falle jagen, was ihnen auch egal ist, da sie eh schon wieder schwanzdenkend an irgendeiner blonden Biene herumfingern, die man als dummen Köder auf sie angesetzt hat. Dass besagte Falle nicht zuschnappt, dafür sorgt der Chef der Spezialeinheit höchstpersönlich, obwohl der sich bisher im Film nur hinter einem Schreibtisch befunden hatte. Jedenfalls darf er „Bibi“ auf den Blocksberg schicken, und diesen Antihöhepunkt finde ich, aus charakteristischer Sicht wie auch aus persönlicher Überzeugung, recht gelungen. Keine Macht den Doofen – erst recht nicht, wenn sie ne Knarre haben, die auf Dauerfeuer gestellt ist!
So ist es auch nicht verwunderlich, dass es im Film keine Charakterentwicklungen gibt und auch bei keiner der Hauptfiguren ein Wort über die jeweilige Vorgeschichte verloren wird. Wer immer noch den Intellekt einer Amöbe hat, kann sich seit seiner Pubertät nicht großartig weiterentwickelt haben.
Für eine Parodie sprechen zudem einige vollkommen übertriebene Szenen, beispielsweise die rollige Mätresse des Ganoven, die in ihrer Wohnung die beiden Dumpfbacken zum Spontan-Koitus überredet. Auch die Schiessübungen der Zwei im Dosenparcour mitten in der Heide sind einfach nur hübsch lächerlich. Also doch eine Parodie für den denkenden Bildungsbürger, für alle anderen ein „toughes Cop-Movie“ mit sympathischen Draufgängern und willigen Bräuten.

Abseits der inhaltlichen Ebene hat Deodato die Sache fest im Griff. Dass der Gute einst bei Rosselini in die Lehre gegangen ist, zeigt sich hier an seinem direkten Inszenierungsstil. Viele Handkamerashots und – als Hohepunkt – eine schwarzgedrehte und dadurch faszinierende Motorradverfolgungsjagd quer durch die Innenstadt Mailands (oder war es doch Rom?). Die Darsteller erledigen solide ihren Job – und auch der Gesang von Ray Lovelock fällt nicht negativ ins Gewicht.
„Uomini…“ ist ein merkwürdiger Film, der als Parodie ungemein zieht, da Deodato das Tempo hochhält und keine Langweile aufkommen lässt. Der deutsche Titel wirkt wieder einmal reichlich dümmlich, trifft es damit aber eigentlich schon wieder ganz gut. Jedenfalls steckt in den „heissen Öfen“ des Filmes mehr Leben und Gefühle (jau!) als in deren eiskalten Besitzern.

Dienstag, September 27, 2005

Haste Schwert, kannste wandern...

…bist du gelb wirst! – Cinevals Filmrolle, die 1.

Da ich merke, dass ich zeitlich unmöglich zu jeden von mir gesehen Film einen längeren Text schreiben kann (und manchmal auch nicht will, ha!) gibt’s von nun an in regelmäßig unregelmäßigen Abständen einen kleinen Film-Schnelldurchlauf in diesem meinem schönen Blog.

Die Todespagode des gelben Tigers
(Bao Biao / Have Sword, will travel)
HK 1969 101 Min
von Chang Cheh
mit David Chiang, Ti Lung, Chan Chueng, Cheng Lei
DVD (MIB)

Schwertkämpfer Siang und seine verlobte Piao Piao sollen den Transport von kaiserlichen Silbertalern sichern, der aber ein einem berühmt-berüchtigten Turm vorbeikommt, der von Banditen belagert wird. Unterwegs treffen sie auf Yi Lo, der den beiden seine Hilfe anbietet. Piao Piao findet den Kleinen ganz purzelig, und schon herrscht Stunk in der Bambushütte.

Chang Chehs früher Schwertkampffilm stellt den Betrachter auf eine harte Probe, denn die ersten gut 70 Minuten werden von den Irrungen und Wirrungen des Herzensreigens zwischen den drei Hauptpersonenen getragen. Das ist filmhistorisch durchaus interessant, gibt das ganze doch einen guten Einblick in den kulturellen Background und auf den Zeitgeist, in dem diese Filme damals entstanden. Wer genug Bereitschaft mitnimmt, das getragene Tempo des Filmes anzunehmen und auch über die teilweise recht heftigen melodramatischen Szenen hinwegzusehen, der bekommt in der letzten halben Stunde Action pur angeboten. Erstklassig choreographiert, inszeniert und ausgeführt, stellt auch dieser Film Chang Chehs („Das Schwert des gelben Tigers“) klar, dass in Sachen Ästhetik, Körperbeherrschung, Inszenierung und auch Brutalität die Shaw-Brothers damals weltweit die Nase vorn hatten. Dazu gehört natürlich auch der minutenlange, heftige und scheibchenweise Heldentod, damit der Liebesreigen wieder ins moralisch Reine kommt.

Die Nacht der rollenden Köpfe
(Passi di danza su una lama di rasoio / Death carries a Cane)
SPA/ITA 1972 88 Min
von Maurizio Pradeaux
mit Susan Scott, Robert Hoffman, Simon Andreu, George Martin
DVD (X-NK)

Die gute Kelly beobachtet durch ein Teleskop einen Mord. Durch eine Indiskretion der Polizei kommt die Sache in die Presse, was den Mörder folglich auf den Plan bringt. Da man bald Kellys Verlobten der Tat verdächtigt, machen sich beide zusammen auf die Suche nach dem mysteriösen Finsterling, der sich in der Zwischenzeit weiter durch die Besetzungsliste arbeitet.
Och ja, eingefleischte Gialli-Liebhaber werden an dem Filmchen ihren Gefallen finden. Aber auch nur sie, denn diese italienisch-spanische Co-Produktion stellt im Genre gerade mal Mittelmaß da. Den Hauptanteil daran trägt die reichlich lustlose und statische Inszenierung durch Maurizio Pradeux, dem nur selten spannende und atmosphärisch dichte Sequenzen gelingen. Die Szene mit dem vorzeitigen Ableben der Haushälterin im flackernden Kerzenlicht und das Finale stehen auf der Habenseite, unzählige unnötige Fickelszenen, lahme Dialoge und eintönige Mordsequenzen dagegen. Auch die Musik von Roberto Pregadio reißt in den Film mit ihrer Trötigkeit nach unten. Generell fällt dem Film sein augenscheinlich doch eher geringes Budget auf die Füße. Ohne das typische 70er-Jahre-Flair wäre der Film ein Fall für die Zelluloid-Guillotine, damit wenigstens ansatzweise hier irgendwas rollen würde. Sämtliche Darstellerköpfe bleiben natürlich auf ihren Schultern, aber derartig reißerische, aber filmfremde deutsche Synchrontitel waren damals durchaus nicht selten. Jedenfalls hätte „Die Nacht der aufgeschnippelten Kehlen weitaus besser gepasst.

Il Profumo della Signora in Nero
(The Perfume of the Lady in Black)
ITA 1974 100 Min
von Francesco Barilli
mit Mimsy Farmer, Mario Scaccia, Maurizio Bonuglia, Donna Jordan
DVD (Raro)

Silvia Hackermann, in einem chemischen Labor arbeitend, bekommt zusehends Probleme mit ihrer Wahrnehmung der Realität. Immer öfter befindet sie sich in Situationen und begegnet Personen, die sie an ihre Kindheit erinnern (oder aus selbiger kommen?). Dort wurde die kleine Silvia Zeugin eines tragischen Unfalls, deren Erinnerung daran wieder in ihr Bewusstsein zurückkehrt. Driftet sie wirklich zusehends in den Wahnsinn ab, oder spielt jemand ein fieses Spiel mit ihr?
Sicherlich, die Story klingt altbekannt und Genrefans werden den Schlusstwist im Wissen von ähnlich gelagerten Werken („Rosemarys Baby“ etc.) beizeiten vorausahnen können. Thematisch in der gleichen Kategorie wie Aldo Lados „Malastrana“ spielend, stellt auch „Profumo“ eher einen okkulten Horrorfilm mit Giallo-Einflüssen, als einen echten Beitrag zum italienischen Thriller dar. Wie man ihn auch immer einordnen möchte, feststeht dass der Film jede DVD-Sammlung aufwertet. Für einen Debütanten hat Francesco Barilli, hauptberuflich Drehbuchautor (zum Beispiel von „Chi l’ha vista moriere?“ von Aldo Lado, einem der besten Giallos überhaupt) stilistisch und inszenatorisch eine erstaunlich sichere Hand. Die Reminiszenzen an Argento, Bava und auch Lado sind augenscheinlich, trotzdem versteht es Barilli durch seinen klugen Bildaufbau mit einer Reihe von ausgesucht schönen Einstellungen und den gut placierten Kamerafahrten dem Film eine feine, unterschwellige Spannung und eine Atrmosphäre der stetigen Bedrohung, des Unheimlichen zu schaffen. Zu Hilfe kommt ihm dabei die Hauptaktrice Mimsy Farmer, die ihre selbstbewusste und zugleich unsichere Figur, die nach und nach mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird und darüber den Boden verliert, überzeugend auf die Leinwand bringt. Ein weiterer Pluspunkt ist die elegisch schöne Musik von Nicola Piovani, deren Kauf wiederum jedes CD-Regal aufwerten würde. Dass Barilli hier ordentliche Production Values zur Verfügung standen, zeigt sich zudem an der sauberen und präzisen Kameraarbeit von Mario Masini. All dies kommt auf der vorliegenden DVD bestens zur Geltung, so dass ich den Film allen Interessenten des Spaghetti-Kinos nur wärmstens ans Herz legen kann. Das die äußere Logik des Filmes nicht vorhanden ist, sollte kein Hinderungsgrund sein, dann damit ist es ja meistens vorbei, wenn sich ein Horrorfilm auf okkulten Pfaden befindet. Was bleibt ist: Diese Barilla-Nudel ist sehr "al dente" - im wahrsten Sinne des Wortes!

Sonntag, September 11, 2005

Bayern

Land of the Dead
USA 2005 93 Min
von George A. Romero
mit Dennis Hopper, Simon Baker, John Leguizamo, Asia Argento
Kino (UIP)

Die Toten haben sich über die Erde verbreitet und die Menschen gezwungen, sich in die Städte zurückzuziehen. Eine davon ist „Fiddlers Green“, ein gigantischer Gebaüdekomplex, in dem sich die herrschende Elite eingerichtet hat, während unten in den Slums das Elend vorherrscht. Doch auch die Untoten, abgegrenzt durch Zäune und Wasser, scharen sich um ihren Anführer „Big Daddy“ zusammen, um zum Sturm auf die Stadt anzusetzen.

Onkel Georgies Rasselbande ist wieder da. Immer noch langsam vor sich hin schlürfend, immer noch politisch kontextuiert, immer noch richtig gut. „Land of the Dead“ ist, obwohl beileibe nicht perfekt, doch einer der besten Horrorfilme des aktuellen Jahres. Anders als „Boogeyman“, „The Ring“, „The Grudge“ oder ähnliche Traumfabrikware ist Romeros Film eben kein oberflächlicher, seelenloser und kreuzdämlicher Möchtegern-Grusler, der alle 3 Minuten einen schrillen Soundeffekt braucht, um sein dramaturgisches und niveauvolles Versagen zu kaschieren und einem dort mit blöden Spezialeffekten bombardiert, wo eigentlich Platz für Atmosphäre und Grusel sein sollte.
Tatsächlich stellt sich bei Romeros viertem „Dead“-Eintrag zuweilen ein wohliges Gefühl ein, als wäre der ernste, handwerklich saubere und spröde, ungehobelte und noch nicht glatt polierte Charme der 70er und 80er Jahre - Horrorfilme wieder auferstanden. Herr Romero ist eben auch kein x-beliebiger Auftragsregisseur, sondern weiß halt, was das Wort „Horror“ bedeutet und was einen guten Horrorfilm ausmacht. Stimmungsvolle Bilder zum Beispiel, beginnend von der Titelsequenz, über die Stadtszenen, in denen wahlweise Riley und Charlie oder aber die einfallenden Zombies umherwanken bis hin zu den aus dem Wasser auftauchenden Untoten. Auch hier bewahrheitet sich: Es muss nicht neu sein, es muss gut umgesetzt sein! Auch hat es Romero nicht notwendig, gerade in den Actionszenen mit der Kamera rumzuwackeln, um dem Kinozuschauer eine verkrampfte Ahnung von Hektik und Aufregung zu vermitteln (An der Stelle schöne Grüsse ans Remake, dass gerade hierin seine stilistische wie auch handwerkliche Hauptschwäche hatte). Nein, genau genommen ist der Film sogar recht statisch inszeniert. Ob das als eine Reaktion auf eben jenen aktuell grassierenden und schon lange zum Klischee verkommenden Wackelstil aufgefasst werden kann? Jedenfalls wird dem Zuschauer dass heutzutage seltende Privileg gewährt, eine gelungene Kameraeinstellung zu bewundern, die länger als 3 Sekunden andauert. Auch der Soundtrack vom „Lola rennt“ Team Johnny Klimek und Reinhold Heil kann sich hören lassen und passt sich gut in die Reihe nach Goblin und John Harrison ein. Endlich mal wieder ein Horrorfilm ohne stussige Rocksongs (Tach, Herr Snyder!).

Okay, mit seinen zeitlichen Konkurrenzprodukten fährt Romeros ordentlich Schlitten, doch wo steht der Film innerhalb seiner Serie? Definitiv wird man den Film sowieso erst mit etwas zeitlichem Abstand einordnen können. Fest steht aber schon jetzt, dass „Land“ keineswegs perfekt ist. So verhalten sich die Figuren in Fiddlers Green, die sowieso schon alle schablonenartig gestrickt sind (die Ausnahme bildet da noch Charlie in seiner naiven, einfachen, aber doch liebenswerten Art, eine der besten Charaktere, die seit einer langen Zeit in einem Horrorfilm aus Hollywood zu sehen war), im Film weitesgehend stereotyp. Hier findet auch die Akzentverschiebung, die Weiterentwicklung innerhalb der Serie statt: Was „Bub“ in „Day of the Dead“ andeutete, stellt „Land“ noch stärker heraus. Die Lebenden scheinen am Ende ihrer Entwicklung angekommen zu sein, demnach können sich eigentlich nur noch die Untoten weiterentwickeln. Wenn einem dieses Gedankenkonstrukt gefällt, welches ja über das Ende hinaus aufrecht erhalten wird (man denke an die neuen Hausherren in „Fiddlers Green“, die schon genauso viel Heimtücke und Machtgier im Blick haben wie die Alten), dann sind die eindimensionalen menschlichen Charaktere nahezu zwingend und notwendig. Nein, der Hauptkritikpunkt liegt woanders: Der Film ist schlicht und ergreifend zu kurz. Ich hatte speziell in den ersten 15 Minuten das Gefühl, dass Romero in der Kinoversion schnell zur Sache kommen, rasch die Konflikte aufbrechen wollte. Zumindest wirkte der Anfang reichlich sprunghaft, ich hätte mir mehr einführende Sequenzen gewünscht, die dass soziale und gesellschaftliche System „Fiddlers Green“ deutlicher aufzeigen und akzentuieren, inklusive einer größeren Präsenz vom Obercheffe Kaufman Es würde mich zumindest nicht überraschen, wenn dort ein Großteil der zusätzlichen Szenen des kommenden Directors Cut zu finden sind. Selbst wenn dem so wäre, würde es das Problem nur punktuell verkleinern: Dem Film hätte mehr Story besser zu Gesicht gestanden.
Auch die politischen Kommentare dürfen natürlich im vierten Film nicht fehlen. War „Night“ ein Kommentar zum Thema Vietnamkrieg und den Rassenunruhen, „Dawn“ ein ironischer Abgesang auf die Konsumgesellschaft und die von ihr Ausgeschlossenen, „Day“ eine Abrechnung mit der Militarisierung unter der Reagan-Ära, so fährt „Land“ nicht weiter überraschend seine Angriffe gegen die Bushregierung und deren verhängnisvolle Politik für das Land. Der soziale Frieden ist dahin, die Kluft zwischen „Arm“ und „Reich“ schon längst gigantisch – und Romero zeigt, wohin dies führen kann – und wahrscheinlich auch wird. Die Verlierer dieser Politik werden sich zusammenrotten, aufbegehren und zum „Sturm auf die Bastille“ (Kaufman) antreten, sobald sie nur einen Anführer (Big Daddy) gefunden haben. Viele Enttäuschte werden sich vom Land der unbegrenzten Möglichkeiten frustriert abwenden und woanders ihr Glück versuchen (Cholo, Riley). Auch zum Thema Hautfarbe gibt Romero durch die Rollenverteilung seinen subjektiven Blick auf den Ist-Zustand der USA wieder. In der privilegierten Welt der Reichen und Mächtigen kann es ein Mensch mit schwarzer Hautfarbe höchstens bis zum Butler bringen, ein Klassendenken, dass der einfachen Schicht (den Zombies) fern liegt. Und wo die Reminiszenz bei den Uniformen des Wachschutzes liegt, ist dann auch mehr als überdeutlich (noch deutlicher war eigentlich nur noch „Starship Troopers“). All diese Subtexte werden von Romero wie immer mit dem Holzhammer dargeboten (O-Ton Kaufman: „Wir verhandeln nicht mit Terroristen!“), was für Romero typisch ist, jedoch ins Bild passt, da es doch so zu seien scheint, dass eine subtilere Behandlung solcher Themen bewirkt, dass sie das normale (US-) Publikum nicht erkennt (wie anders ist die marktschreierische Art Michael Moores und sein darauf basierender Erfolg sonst zu erklären?)

„Land of the Dead“ kann sich sehen lassen. Trotz Schwächen im Drehbuch ist der Film eine gute, logische und konsequente Weiterentwicklung der romeroschen Untoten-Serie, die zudem beweist, dass es Georgie als Regisseur immer noch drauf hat. Und wenn ich mir die gelungenen graphischen Effekte der KNB-Group um Frontmann Greg Nicotero anschaue – und dies mit der hiesigen Freigabe verbinde, so müssten auf der Stelle die beiden filmischen Vorgänger hierzulande aus dem Giftschrank geholt werden. Jedenfalls haben sich durch diese erteilte FSK-Freigabe nun endgültig die alten Verbotsbegründungen überlebt.

Freitag, September 09, 2005

Vogelgrippe: Final SARS

Godzilla – Final Wars
(Gojira: Feinaru uôzu)
JAP/ AUS / USA / CHI 2004 125 Min
von Ryuhei Kitamura
mit Masahiro Matsuoka, Rei Kikukawa, Akira Takarada, Don Frye
Kino [Toho (Fantasy Filmfest)]

Oh ihr Erdenmenschen passet auf – die Xiliens sind da! Anfangs noch im Gewand von friedliebenden Außerirdischen, lassen sie schon sehr schnell die Hosen fallen: Unseren Planeten wollen sie als riesengroßen Bauernhof, mit den Menschen als Nutzvieh. Dazu haben sie sämtliche TOHO-Monster plus die olle Emmerich-Schabracke in ihre Gewalt gebracht. Einige Wissenschaftler und die „Earth Defense Force“ wollen aber den Spitzenplatz in der Nahrungskette nicht kampflos frei geben – und so kommt ihr unkonventioneller Mitarbeiter und Kutterkäpt’n Douglas Gordon auf DIE bahnbrechende Idee überhaupt:

Was Käpt’n, wir sollen Godzilla aus dem arktischen Eis befreien, damit er gegen die Monster kämpfen und sie vernichten kann? In der Zeit sollen wir die Hauptbasis der Xiliens angreifen und sie in die Galaxis zurück schiessen? Und dann sollen wir Godzilla wieder im arktischen Eis begraben? Ist das ihr Plan?!? --- YEAH!!!

Wie man sieht kommen Amis meistens auf logisch nachvollziehbare, wohl durchdachte realistische Pläne mit kalkulierten Risiko und hoher Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Durchführung. Ist ja klar: Big G ist grad 50 geworden, da brauch man schon ein besonderes Geschenk zum Jubiläum. Da Sie wie alle Damen diesen Alters gerade ihre Wechseljahre und Mid-Life-Crisis hat, ist sie nicht wirklich gut drauf. Daraus folgt: Es gibt was uff’n Nüschel!

„Godzilla: Final Wars“ macht Spass! Zum Abschluss der dritten Staffel gibts eine knallige Burzeltags-Party und alle alle sind gekommen, um sich von der Grand-Dame aller Riesenviecher persönlich ne Jubiläums-Schelle abzuholen. Das ganze hat ordentlich Tempo, einen guten Soundtrack von Keith Emerson und Darsteller, die die Idiotie der Story hervorragend unterstreichen. Denn bitte – ein Godzi-Film ist nur echt mit pilzerauchenden Drehbuchautoren. Selbst Rührei Kitamura kann dem Film nichts anhaben, da seine Regie-unfähigkeit hier hervorragend ins Gesamtbild passt. Ich hab ja nie verstanden, warum Kitamura so eine gute Reputation bei vielen Asia-Guckern hat. „Final Wars“ ist da ein weiteres Beispiel für den typischen Kitamura-Stil: selbstzweckhaftes Kameragespiele und eine wirre Auflösung der Actionszenen (man siehe sich nur das „Fussball-Spiel“ zwischen Godzilla und zwei Mitmonstern an!). Hauptsache hip und cool! Leider ist seine hektische Regie wenig dazu angetan, dem 2-h-Film ein paar kleine Verschnaufpausen zu gönnen, so dass doch gegen Ende eine gewisse Überreizung einsetzt. (Mir taten in den Zusammenhang die armen Filmfest-Besucher leid, die unterhalb der achten Reihe im Kino saßen.)
Ansonsten ist das Drehbuch durchaus gelungen. Godzilla ist hier eine gelungene Mischung beider verschiedener Ansätze. Sie ist durch und durch böse, wird aber trotzdem zum Retter der Menschheit, wenn auch, und hier ist der Unterschied zu den ganzen niedlichen Monstersmashern der End-60er und frühen 70er Jahre, von ihr unbeabsichtigt und nur durch menschliche List dazu getrieben. Ein Ansatz, der mir persönlich gefällt. Auch werden einige Reminiszenzen an die alten Toho-Filme sowie an aktuelle Ami-Sci-Fi-Heuler in die Runde geschmissen. Da wird schon mal deutlich sichtbar ein Spielzeugpanzer zertrampelt und Godzillas Sohn Minya variiert in seiner Größe zwischen der eines Kindes (wie im von Fans meistgehassten Film der Serie „Godzillas Revenge“) und der eines wirklichen Monsternachwuchses (wie bei seinen ersten Leinwandauftritten). Zudem gibt es Anspielungen auf X-Men und Konsorten – und die doofe Emmerisch-Echse „Zilla“ kriegt vom Original ne Abreibung. Klar, wer lässt sich schon gerne von einem blöde aussehenden Doppelgänger verarschen. Jedenfalls darf sich der Bastard den wohlverdienten Prankenhieb abholen und findet sich ratzfatz unter einem Hochhaus im Grab der unnötigen Plagiatmonster wieder. „Ich wusste, dass dieses Erdenmonster nutzlos ist!“ schmollt da der Ober-Xilien. Ein paar nette One-Liner, hauptsächlich von Don Frye vorgetragen, hat der Film auch noch zu bieten. Die sorgen zwar nicht für Lachkrämpfe, sorgen aber für angenehme Kurzweil, bis die grüne Dicke nach einer Stunde die Leinwand betritt.

Kurzum: wer Godzilla-Filme mag, auf handfesten Monstertrash abfährt und alle seine Lieblingsmonster aus den damaligen Kindervorstellungen im Kino um die Ecke wieder sehen will, kommt beim finalen Kampf der Mutterechse auf seine Kosten, sofern er im oberen Teil des Kinos sitzt. Aber ich schätze mal, dass der deutsche Anbieter Splendid Big-G wohl gleich auf DVD loslässt.

In diesem Sinne: „Listen kid, there are two things you didn't know about the Earth. One is me. And the other is... Godzilla.“ (Douglas Gordon)

Mittwoch, August 31, 2005

Teaching Japanese Children

Das wandelnde Schloss
(Hauru no ugoku shiro)
Japan 2004 119 Min
von Hayao Miyazaki
Kino (Universum)

Die junge Sofi wird von einer bösen Hexe in eine alte Frau verwandelt, da sie von ihr als potenzielle nachfolgerin in der Gunst des Zauberers Hauro gesehen wird, dem jungen Mann, der einst von ihr verlassen wurde. Sofi flieht in das wandelnde Schloss des Zauberers und verdingt sich als Haushaltkraft. Nach und nach stellt sich heraus, dass alle anwesenden und im Verlauf des Filmes dort eintreffenden Personen mit einem persönlichen Fluch belastet sind, zu dessen Entschlüsselung man Herz und Mut braucht sowie eine Reise zu sich selbst unternehmen muss.
Hayao Miyazakis („Prinzessin Mononoke“, „Chihiros Reise ins Zauberland“) neuester Film kann als weiteres Qualitätsprodukt aus seiner Anime-Schmiede „Ghibli“ gesehen werden. Über die altmodisch guten, detailverliebten und phantasievoll ausgeschmückten Animationen und Zeichnungen muss man nicht viele Worte verlieren, da sie zu einem Gütesiegel des Studios geworden sind. Wie immer scheiden sich hier die Geister: Wer sich mit dem ureigenen fernöstlichen Manga/Anime-Zeichenstil (riesige Augen, Münder, die schon mal über das halbe Gesicht aufgehen etc.) anfreunden kann, wird sich ganz der Story und dessen Emotionen hingeben können, allen anderen wird der Zugang zu diesen Werken verschlossen bleiben. Geschmacksfrage halt! Dabei ist dies wirklich schade, denn auch „Hauru no ugoku shiro“ führt die erfolgreiche Ghibli-Tradition, gesellschaftspolitische Kommentare ohne Holzhammer oder erhobenen Zeigefinder in die kurzweiligen Geschichten mit einzubauen, fort. Stell dein Licht nicht immer unter den Scheffel bzw. Schönheit ist a) relativ und b) nicht alles im Leben! wird den Zuschauern mit auf den Weg gegeben, Egoismus lässt dich haltherzig werden und ist das entgegengesetzte Extrem von geringem Selbstvertrauen (Die gesunde Mischung machts halt, gell!). Ansonsten wartet der Film noch mit einem Statement gegen den Krieg auf, und zeigt erneut zwei von Miyazaki oft benutzte Themen: Die intakte Familie, bei der sich Jung und Alt gegenseitig helfen und respektvoll miteinander umgehen und dem verantwortungsvollen Umgang mit der Natur, dessen Schönheit und Vielfältigkeit einzigartig ist. All das wird der Geschichte untergemischt, ohne dass das Ergebnis in einzelne Teile zerfällt, denn die Story (lose basierend auf einer Geschichte von Diana Wynne Jones) ist kraftvoll genug, um die „Beigaben“ zu halten. Dabei bedient sich Miyazaki eines langsamen Erzähltempos, das aber niemals zu Langweile verkommt. Ebenfalls typisch ist eine relative Offenheit der Geschichte. Miyazaki kümmert sich nur um die Details, die zum Verständnis der Vorgänge im Film notwendig sind. Hintergründe (z.B. der Grund für den Krieg) werden nicht mitgeliefert. Auch lässt er seinen Personen etwas geheimnisvolles, erklärt niemals alles durch – und lässt damit Raum für die (kindliche) Phantasie des Zuschauers, sofern er sie aufbringen kann und möchte. Und genau hier liegen Welten zwischen Disney und Konsorten zu den „Ghibli-Filmen“ oder denen von Katsuhiro Otomo („Akira“, „Steamboy“) und Mamoru Oshii („Ghost in the Shell“).

Kritisiert werden muss leider wieder die deutsche Synchronisation, die stimmlich eigentlich gut umgesetzt wurde – bis auf die Titelfigur Sophie. Egal ob jung oder alt, die Stimme ist klanglich einfach unpassend.

Dienstag, Juli 26, 2005

Deep, deep Down...

Danger: Diabolik
(Diabolik)
ITA/FRA 1967 100 Min
von Mario Bava
mit John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi
DVD (Paramount)

Diabolik ist schlichtweg das Reizwort für die Polizei und ihren höheren Befehlsgebern. Da Inspektor Ginko den gewieften Klaufuchs nicht erwischen kann, rückt er dem Drogenboss Valmont auf die Pelle. Er soll Diabolik fangen, damit die Polizei ihre Razzien in seinen Absatz-Etablissements wieder etwas lockerer handhabt.

Ach ja, es ist so eine Sache mit Comicverfilmungen. Viele hat es bisher gegeben. Doch wirklich gelungen sind leider nur die wenigsten. Das Hauptproblem: Wie kann ich die Funktionsweise der Comics (ihr wisst schon: Panels, Sprechblasen) in einen Film übertragen? Viele haben sich daran die Zähne ausgebissen. Aktuelle Nieten wie die „Fantastischen Vier“ oder „Batman IV“ beweisen, dass es scheinbar nicht viele Filmregisseure gibt (und gegeben hat), die halberwegs kapiert haben, was genau einen Comic funktionieren lässt bzw. wie man einen Comic artgerecht auf die Leinwand überträgt.
Gehen wir einmal zurück in die 60er Jahre. Richtig, da war ja Batman schwer in Mode. Doch sieht man sich dieser Tage die Serie sowie den Film an, dann stellt man fest: das Ganze ist zugegebener Maßen netter Trash, aber mit einem Comic hat das nicht viel zu tun. Da muss schon mehr kommen, als ein paar „Sliff!“ oder „Zoooom“ Sprechblasen, wann immer die olle Fledermaus und sein schwules Mündel die Griffel durch die Luft fliegen lassen. Also kann man wohl auch die 60er abhaken. Wer so denkt, der sollte sich lieber erst einmal „Danger: Diabolik“ in den Player schmeissen!
In einer Hinsicht ist dieser Film ungewöhnlich für Mario Bava, bis heute einer der visuell begabtesten Regisseure der Filmgeschichte. Es ist seine einzige Großproduktion, hier für Dino de Laurentiis. Dadurch konnte er diesmal auf eine erlesene Besetzung zurückgreifen: John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi und Terry-Thomas waren damals alles andere als Unbekannte in ihrem Business. Ansonsten ist alles so wie immer beim guten Mario: Das großzügig bemessene Budget von gut 3 Millionen Dollar ließ ihn nicht von seiner Art einen Film zu inszenieren abbringen. So kostete „Diabolik“ am Ende nur gut ¼ des veranschlagten Etats. Anzusehen ist das dem Film nicht, ganz im Gegenteil. Denn Bava war eben nicht nur ein sehr guter Regisseur und Kameramann, sondern auch ein begnadeter Visuell- and Special Effects-Bastler. In Diabolik zeiht er alle Register seinen Könnens: Matte Paintings, Glass-Paintings, Miniaturaufnahmen, Doppelbelichtungen – alles fügt sich harmonisch in den Film ein und sieht, gemessen an den damaligen Standards, richtig schnieke aus (Als Beispiel seien nur die Szenen in Diaboliks unterirdischer Behausung genannt).
Doch kommen wir zurück zu unserem Ausgangspunkt. Ja, Bava hat tatsächlich ziemlich gut verstanden, was Comics funktionieren lässt. Comics versuchen, durch die Panels hinweg eine Illusion großer Tiefe, großer Bewegung zu erzeugen. Genau dort scheitern viele Comicadaptionen (aus den 60ern nahezu alle!). Es wird zwar viel wert auf Ausstattung, Kostüme und Special Effects gelegt. Aber durch die viel zu statische Kamera entsteht keine Bewegung im Film. Alles wirkt langsam und statisch. Genau in die Falle tappt Bava nicht. Er nutzt Zooms und Kamerabewegungen, die in Verbindung mit der natürlichen Bewegung der abgefilmten Objekte dem Film ein für damalige Zeiten, gerade in den Actionszenen, atemberaubendes Tempo geben. Zudem überträgt Bava zwar nicht den visuellen Stil der Comics, aber die Eigenart der „Panels“, also der vielen Einzelbilder pro Seite, auf den Film. Sei es dass man die Personen nur in Autospiegeln im Bild sieht, sei es, dass ein leeres Bücherregal zwischen die Akteure und die Kamera platziert hat – Bava versucht immer wieder, sein Filmbild panelartig zu gestalten.
Dass er in vielen Bildfolgen und Einstellungen den gezeichneten Originalen folgt, passt da ebenfalls ins gute Gesamtbild. Die Sequenz, in der er sich als Turmkletterer bei einem seiner Diebeszüge versucht, kann in puncto mise-en-scene 1:1 in einen Comic übertragen werden.
Abseits von Bavas technischem und inszenatorischem Geschick ist auch eine inhaltliche Betrachtung sehr interessant. Diabolik stammt von einem in den 60er Jahren sehr bekannten „Fumetti“ (Comicstrip, eigentlich wörtlich übersetzt „puff of smoke“, angelehnt an die Comic-typischen Sprechblasen) von Angela and Luciana Giussani und weist gegenüber seinen amerikanischen Pendants einen großen Unterschied auf. Anders als Batman, Superman und Co. ist er weder ein edler Retter und Kämpfer für die Armen und Unterdrückten noch ein traumatisierter und schüchterner Typ. Er ist mehr ein halber Robin Hood. Er klaut das Geld zwar von den „Reichen“, behält es aber für sich und seine Flamme. Diabolik ist zwar smart und trickreich, bleibt aber doch immer ein Krimineller mit Ansätzen zum Terroristen. John Philipp Law liefert dabei eine beachtliche Performance ab. Da sein Dress nur einen schmalen Sehschlitz für die Augen freilässt, bleiben ihm zum schauspielen nicht viel mehr als die Augen und sein Körper, eine Limitierung, der er mit vollem Einsatz und Augenrollen gegensteuert. Auch die restliche Besetzung liefert souveräne Leistungen ab. „Danger: Diabolik“ atmet dabei ganz tief den Hauch der späten 60er, was Farben, Formen und Lebensgefühl angeht. Auch dafür liebe ich den Streifen.
Bavas Film ist eigentlich ein Muss für Comic-Liebhaber, für Bava-Fans sowieso und für all diejenigen, die den guten Mario immer noch als reinen Horrorregisseur abstufen. Diabolik ist für mich das Non-plus-Ultra im Comicfilmbereich der 60er! Allein schon die Filmmusik von Ennio Morricone, der hier wohl einen der deftigsten Easy Listening-Pop-Soundtracks aller zeiten hinlegt: Nach nicht mal 5 Sekunden seines Actionthemas schmeisst man sämtliche Neal Hefti-Platten freiwillig aus dem Fenster!

Sonntag, Juli 24, 2005

Palim Palim – Man staunt... Immer!

Didi – Der Doppelgänger
BRD 1983 95 Min
von Reinhard Schwabenitzky
mit Dieter Hallervorden, Tilo Prückner, Ruth Maria Kubitschek, Manfred Lehmann
DVD (Turbine)

Didi – und die Rache der Enterbten
BRD 1984 88 Min
von Christian Rateuke und Dieter Hallervorden
mit Dieter Hallervorden, Wolfgang Kieling, Manfred Tauchen, Gerhard Wollner
DVD (Turbine)

Didi auf vollen Touren
BRD 1986 88 Min
von Wigbert Wicker
mit Dieter Hallervorden, Bernard Menez, Hans-Peter Hallwachs, Pierre Tornade
DVD (Turbine)

Seien wir doch mal ehrlich – die 80er Jahre waren filmisch gesehen aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland eine trostlose Zeit. Okay, da gab es zu Beginn des Jahrzehnts noch „Das Boot“ von Wolfgang Petersen, auch Volker Schlöndorff trommelte auf Blech, doch ansonsten? Fehlanzeige!
Dort noch einige letzte Röchler aus der Sexwelle der 70er, hier noch ein paar peinliche Nachfolger der „Lustspiel“-Offensive der 60er mit Darstellern aus den 50ern. Und als sich dann noch der große Rainer Werner 1983 in den Himmel workaholict hatte – und mit ihm der ganze „Neue Deutsche Film“ und seine Filmförderungsgeldvernichtungsmaschinen a la Alexander Kluge und Konsorten aufgehört hatten zu existieren, da war endgültig der Ofen aus. Immerhin- die Herren hatten ja ganze Arbeit geleistet. Intelligent war ihr Kino ja mehr oder weniger. Leider bekamen diese Herren beim Wort Unterhaltungskino Pusteln im Gesicht, und das Publikum beim „Genuss“ ihrer Werke Verstopfung zwischen den Backen. Ja richtig, unglaublich schwer diese Kost. Wären da nicht die paar internationalen Co-Produktionen gewesen („Der Name der Rose“ u.a.), so wären in Sachen Unterhaltung BRD-Filmwerke wohl unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelaufen. Ob das mit der biederen, konservativen und verstaubten Politik der Kohl-Regierung zusammenhing, für die ja eh alles Übel aus dem Video, Fernsehen, Kino kam? Wie dem auch sei, das deutsche Kino war in den 80ern auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt.
Trotzdem – ein paar Lichtblicke gab es: Da waren ja noch die Supernasen. Gottschalk und Krüger konnten zwar schauspielerisch kein Weißbrot an die Wand spielen, aber ihr trashiger Charme und ihre damalige Popularität liessen die Leute in die Kinos strömen. So geschehen auch bei den drei Otto-Filmen, in denen Herr Waalkes seine 70er Jahre-Gags noch einmal für die große Leinwand aufwärmte (und dies bis heute tut, siehe „7 Zwerge“). Sieht man sich diese Filme heute an, wird man zwar immer noch einigermaßen unterhalten, doch ansonsten hat der Zahn der Zeit sichtbar an ihnen genagt. Schaut man hinter die komödiantische Fassade, so begegnen einem sichtbare Mängel in Punkto Inszenierung und Ausstattung. Kurzum, die Streifen wirken wie Fernsehfilme: statisch, hausbacken, ohne visuelle Einfälle. Tja, und dann fallen einem dieser Tage die filmischen Exponate von Dieter Hallervorden in die Hände, die nun, professionell aufbereitet in Bild und Ton und mit beachtlichen Extras, auf den DVD-Markt losgelassen werden. Es war schlichtweg verblüffend, aber hier tritt exakt der gegenteilige Effekt auf. Wurden die Filme aus den Erinnerungen meiner Kindheit heraus aufgrund der Komik für unterhaltsam befunden, so zeigt sich bei neuer Betrachtung, neben der Tatsache, das der Humor größtenteils immer noch zieht, vor allem eines: Die Filme sind alle hervorragende Beispiele dafür, dass es auch in der BRD der 80er Jahre tatsächlich gutgemachtes Unterhaltungskino gab, das auch nach KINO ausschaut. Wie bei seinen Kollegen Otto und den Supernasen zog auch hier in erster Linie Hallervordens Popularität die Leute an. Der Unterschied zu den anderen Beispielen ist nur, dass denen, die kamen, nicht nur Humor, sondern auch gut inszenierte Action und kinogerechte Bilder vorgesetzt wurde. Ganz zu schweigen von den sehr eingängigen Soundtracks im typischen 80er Jahre-Stil. Warum bloß kam sonst niemand außer Produzent Wolf Bauer auf die Idee, Action mit Komik zu paaren. Die war doch nun wahrlich nicht neu und versprach, bei einem gut ziehenden Kassenmagnet wie Hallervorden, gute bis sichere Gewinne. Die Idee war im Heimatland des „NdF“ so neu, dass die Produktion bei allen hier vorliegenden Filmen auf einen Stuntkoordinator aus dem Ausland zurückgreifen musste, aus der simplen Tatsache heraus, dass es vor Ort niemanden gab, der die Anforderungen der Produktion erfüllen konnte. Servicewüste Deutschland – also auch beim Film. Robert Menegoz vollbringt als Koordinator und Regisseur der Actionszenen jedenfalls einen tollen Job, so dass diese Sequenzen auch heute noch alles andere als schlecht aussehen. Auch zeigt sich Hallervorden selbst als reichlich furchtlos und meistert viele heikle Sachen von selbst (so turnt uns Didi liebend gerne auf bzw. an fahrenden LKWs herum). Nur bei allzu gefährlichen Stürzen oder Stunts musste dann auf ein Stuntdouble zurückgegriffen werden. Alles echt also, nur die Achterbahn-Szenen in der „Rache der Enterbten“ mussten mit Blue-Screen aufgenommen werden, was dann heute tricktechnisch auch auffällt, jedoch nicht unbedingt negativ.
Interessant ist die Tatsache, dass Hallervorden seine „Didi“-Figur von Film zu Film veränderte und weiterentwickelte. Vom „Doppelgänger“ über die „Enterbten“ bis „auf vollen Touren“ lässt sich eine Entwicklung der Figur weg vom „Nonstop Nonsens“-Prototyp feststellen. Beim jüngsten der drei Filme gibt es dann nur noch seltene Reminiszenzen an die gute alte „Palim, Palim“- Zeit.
Ansonsten wissen auch Hallervordens Schauspielkünste zu gefallen. Auf vollen Touren weist ja als einziger der drei Filme nur eine Rolle für ihn auf, ansonsten meistert er die 7(!) Rollen in der Rache der Enterbten und die 4 Rollen im Doppelgänger souverän. Richtig, eigentlich sind es ja nur zwei Rollen in seinem 83er-Film, doch wer genau hinsieht wird bemerken, dass Hallervorden es nicht dabei belässt, einmal stur Bruno Koop sowie Hans Immer zu spielen. Er nuanciert die beiden Rollen, wenn grad ein Identitätswechsel aktiv ist, so dass es zwischen den beiden angelegten Grundrollen auch noch die Unterrollen Bruno Koop als Hans Immer und Hans Immer als Bruno Koop gibt. Da schlaffen sämtliche Supernasen ab.
Generell lässt sich sagen, dass alle drei Filme von der Geschichte her sicherlich nicht atemberaubend neu sind. Auch der Vorwurf der katholischen Filmkritik, dass die Drehbücher viele Stereotype und Klischees aneinanderreihen ist nicht von der Hand zu weisen. Hier zeigt sich aber wieder einmal, was der „NdF“ auch mit unseren Schreiberlingen angestellt hat. Nicht jeder Film muss tiefgründige hintersinnige Konnotationen und Sub-Texte enthalten! Hallervordens Filme sind, obwohl mit gesellschaftlichen und politischen Spitzen angereichert, inhaltlich banal, aber weisen eine gute Dramaturgie, ordentliches Tempo, herrlichen Wort- und Bildwitz (wenn man mit dem Hallervordschen Humor etwas anfangen kann; Logo – Geschmackssache), gelungene Kamera- und Regiearbeit (selbst das Autoren-Team Hallervorden/Rateuke fällt da nicht negativ aus dem Rahmen) und unterhaltsame, gut ausgeführte Action auf. Hollywood machts nicht anders, nur ein paar Mark teurer. Ja tatsächlich, gelungene Actionkomödien aus Deutschland, zudem aus den tristen Kohl-Jahren: Sowas gibt’s wirklich!
Die, in Anbetracht des Alters der Filme, sehr gute Bild- und Tonqualität hab ich ja schon weiter oben erwähnt. Daneben können die Turbine-Scheiben auch im Bonusbereich erfolgreich punkten: Neben einigem noch aus dem Archiven gefischtem Schnittmaterial und verschiedenen zeitgenössischen Fernsehauftritten Hallervordens ist jeweils eine Folge der TV-Serie Zelleriesalat und Gitterspeise sowie ein Audiokommentar enthalten. Hier wurde dem Hauptdarsteller Dieter Hallervorden und dem Producer Wolf Bauer neben einigen anderen an der Produktion Beteiligten (u.a. Kameramann Joseph Vilsmaier bei „Didi auf vollen Touren“) auch jeweils ein aktueller Jungregisseur als Moderator an die Seite gestellt. Mit unterschiedlichem Erfolg: Beim Doppelgänger erläutert Peter Thorwarth („Bang Boom Bang“) gerne wichtige Eckpunkte einer guten Erzählung. Doch neben dem ganzen Gewese um Plot-Points etc. scheint er nicht sonderlich daran interessiert zu sein, die Erinnerungen seiner Kommentatorskollegen anzuregen. Als er gegen Ende des Filmes dann Hallervorden auch noch um Karten für die „Wühlmäuse“ anhaut, fragt man sich doch glatt, ob er sich zu jedem Zeitpunkt bewusst war, dass er hier einen Audiokommentar für eine DVD moderiert! Kann man so was nicht hinterher klären? Tobi Baumann („Der Wixxer“) passieren solche herben Ausrutscher nicht, er nervt die Herren schon öfter mit Fragen an ihr Gedächtnis, braucht jedoch für jede dieser Fragen mindestens eine Minute Redezeit, während dieser man sich doch manchmal wünscht, seine Mitstreiter im Raum könnten jetzt einfach schon mal antworten, weil inzwischen eh jedem klar ist, worauf die Frage abzielt. Den besten Job machte m.M. nach bisher Christian Zübert („Lammbock“) auf der „Rache der Enterbten“ DVD, indem er wirklich mal den Fan raushängen lässt und die Herren mit Fragen bohrt, das es raucht. Als dies und den jeweiligen Soundtrack auf separater CD gibt es aber nur auf der limitierten Erstauflage. Also hurtig.

Freitag, Juli 15, 2005

Läutert sie bebend!

Häutet sie lebend
(Scorticateli vivi)
Italien 1978 85 Min
von Mario Siciliano
mit Bryan Rostron, Guiseppe Castellano, Pier Luigi Giorgio, Karin Well
DVD (Best)

Ein mickriger Kleingangster namens Rudy bekommt Probleme mit der heimischen Mafia und büchst nach Afrika aus, um sich einer Söldnertruppe anzuschliessen, die sein Bruder leitet. Dieser wird aber gefangen genommen und so versuchen seine Mitstreiter den ganzen Film über ihn aus seinem Gefängnis zu befreien. Rudy macht natürlich mit, auch weil er inzwischen erfahren hat, dass sein Familiengenosse ein paar Edelklunker hinter seinem Patronengurt versteckt hält.
Tja, Mario Siciliano zeigt uns die ekligsten Seiten der Menschheit. Tatsächlich besteht „Scorticateli vivi“ ausschließlich aus niedrigen, unsympathischen, abgewrackten und miesen Typen, denen sämtliche Zivilisationsprinzipien über Bord gegangen sind. Die Söldner beklauen sich schon mal gegenseitig, prügeln sich bei jedem noch so beknackten Grund und alles was keinen Schwanz zwischen den Beinen hat, wird vergewaltigt. Treten dann doch mal ein paar halbwegs normale Darsteller vor die Kamera, darf sich der Betrachter gewiss sein, dass sie es nicht lebend aus der Sequenz schaffen werden. Also eine vergessene Perle des Söldnerfilms, der die Machenschaften solcher gekaufter Mörder anklagt? Nee, nee - Häutet sie lebend (dem Titel wird der Film nur auf verbaler Ebene gerecht) versucht auf der exploitativen Trashklaviatur zu spielen – und trifft so gut wie keinen Ton richtig. Da haben wir ne uninspirierte und lustlose Regie, schlechte Schauspieler, die leider nicht für unfreiwillige Lacher gut sind und eine Story, die zwar hübsch dämlich ist, aber leider überhaupt kein Tempo besitzt. So bleibt nur Stelvio Cipriani schnuddelige Musik, die er offensichtlich auf dem Synthesizer seines Sohnes (wenn er einen hat) eingespielt hat. Ansonsten fallen noch die in dem Subgenre üblichen rassistischen Untertöne auf, die wieder einmal durch die prollige Synchro noch verstärkt werden. Erkennbar war das Budget für den Film sehr, sehr niedrig angesetzt. Da kommt es dann schon mal vor, dass das Hauptquartier, in dem der Söldnerchef gefangen gehalten wird, von mickrigen 4(!) Leuten bewacht wird. Besonders schon ist auch die Szene, in dem ein Jeep wohl möglichst nahe an eine Wegsperre vor einem Eingangstor heranfahren sollte, dieses dem Darsteller aber königlich misslingt und er voll in die Absperrung hineinrauscht. Siciliano fands klasse und hat die Szene dringelassen und sorgt so für einen der wenigen Lacher auf Seiten des Zuschauers.

Die große Grüne und ihre kackende Kaulquappe

Godzilla – Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster
(Godzilla vs. Hedorah)
Japan 1971 86 Min
von Yoshimitsu Banno
mit Akira Yamauchi, Hiroykui Kawase, Toshio Shibaki, Haruo Nakajima
DVD (Marketing)

Bedingt durch die immer größere globale Umweltverschmutzung taucht aus einem See voller unschöner chemischer Ablagerungen ein gnubbliges Monster mit feuerroten Augen auf – Hedorah (in der deutschen Fassung Hydrox). Die/Der gute absorbiert sämtliche Ablagerungen, atmet mit Vorliebe den Dreck aus Fabrikschornsteinen ein und hat die unerfreuliche Eigenschaft, ihre Nahrung in purem Schwefel umzuwandeln, den sie furzenderweise über die gepeinigte Bevölkerung ausschüttet. Doch das Biest hat die Rechnung ohne Godzilla gemacht, der inzwischen zu Japans Knuddel- und Rettermonster Nr. 1 degradiert wurde. Als der Abgasheini auch noch mit fliegenden Kotbällen schmeisst, reicht es Big G, und es gibt auf die Nuschel.

Das liest sich sehr trashig, ganz so wie man es von einem japanischen Monsterfilm, grade aus der Zeit der frühen 70er Jahre erwartet. Leider will sich aber nicht wirklich eine unbefangene Genießerstimmung bei meiner einer einstellen, da der Film letztlich mehr verschenkt als erreicht. Okay, man wollte bei der TOHO offensichtlich neue Wege gehen und der zuletzt etwas schwächelnden Godzilla-Reihe wieder etwas frisches Blut hineinpumpen. Die Idee mit Hedorah/Hydrox, als Reaktion auf die aktuellen Probleme der weltweiten Umweltverschmutzung, war da nicht die schlechteste Idee. Jedoch wurde aus dem potenziell-düsteren Background der neuen Kreatur unter den Händen von Regisseur Yoshimitsu Banno ein kleines harmloses, manchmal obskures Kinderfilmchen. Nur in ein, zwei Sequenzen (Hedorah fliegt über Menschenmassen hinweg, die wie die Fliegen umfallen und nur noch Skelette übrigleiben) wird angedeutet, was man hätte aus dem Stoff machen können. Das war es dann leider aber auch. Interessant ist, dass durch die Fokussierung auf den neuen sozial-kritischen Brennpunkt Umweltverschmutzung der alte, klassische der Warnung vor dem bedenkenlosen Einsatz der Atomkraft nun völlig verschwindet und sogar ins Gegenteil verkehrt wird. Letztlich ist es nämlich Godzillas radioaktiver Strahl, der die fliegende Giftgaskloake ins Jenseits befördert.
Darüber hinaus hat der Film noch mehr Eigenschaften, die einen mürbe machen. Da wäre zum einen die größtenteils schrecklich nervtötende Filmmusik von Riichoro Manabe. Egal ob die musikalische Untermalung von Godzillas Kämpfen oder aber der Titeltrack, der von einigen der schlechtesten Backgroundstimmchen aller Zeiten geadelt wird. Ein weiteres Ärgernis hat sich zudem wieder einmal in der Rollenverteilung des Drehbuches versteckt. Waren es bisher immer die typisch altmodischen Frauenrollen der Marke weinerlich, Schreianfall gefährdet, und alle-drei-Schritte-auf-die-Fresse-fallend-wenn-ich-vor-nem-Monster-wegrenne, die es in Kauf zu nehmen galt, so ist es diesmal die Figur des kleinen Sohns von Dr. Yano. Anstatt dieser zur Hauptrolle hochgeschossen wird, liegt er nach einer Furzattacke die meiste Zeit doof im Bett rum, während sich sein Sprössling hübsch altklug-nervtötend durch den Film artikulieren darf. Der Kleine ist ein absoluter Godzilla-Fan, träumt von ihm, geht mit seinem Gelaber um Godzilla allen auf den Keks und darf ihm am Schluss noch kitschig-niedlich nachwinken. Die Rolle ist wohl noch ein Überbleibsel aus dem 1969er-Eintrag „Godzilla’s Revenge“, in dem die Herren und Damen Großhufer nur in den Träumen von einigen Kiddies als deren Beschützer vorkamen. Hier nun geht man in der Hinsicht noch einen Schritt weiter, da der Film als einzigen vagen Grund, warum Godzilla überhaupt auftaucht, den festen Glauben des Jungen anbietet, dass es der große Grüne Hedorah schon zeigen würde. Generell ist Godzillas Rolle im Film alles andere als toll. Sie taucht irgendwann auf, rennt tapsig durch putzige Landschaftsminiaturen, kabbelt sich mehrmals mit dem rotäugigen Stinker (wobei sie meist den kürzeren zeiht) und darf am Ende einen geistreichen Einfall haben, der das Vieh den Garaus macht. Das ist dramaturgisch nicht wirklich der Knaller. Apropos Knaller: den schießt natürlich wieder mal die deutsche Synchronfassung ab, die dem Film, nicht als einzigem der Serie, in eine imaginäre Frankenstein-Posse verwandelt. Zudem sind es auch nicht die Teufelsmonster, sondern höchstens ein einziges. Da der Titel, so blöde wie er ist, nicht einfach so im Raum stehen konnte, musste er natürlich irgendwo rein in die Synchro. Ein beatiger Tanzschuppen wird zum Angriffziel der Monster-Stinkmorchel, die eine kleine Kostprobe ihres leckeren Schlammes die Treppen zum Etablissement runterschickt. Beim Anblick der grünen Suppe fällt den panischen Discogängern dann nichts besseres ein als: „Was sind denn das für Teufelsmonster?! – „Ahhhh, Frankensteins Teufelsmonster!!!“ Ob das ein Kommentar zur verkifften Jugend jener Zeit war? Ich habe da so meine Zweifel.

Donnerstag, Juli 14, 2005

Madame bittet zum Tanz

Godzilla - Die Rückkehr des Monsters
(Godzilla 84 / Return of Godzilla)
Japan 1984 103 Min
von Koji Hashimoto
mit Keiju Kobayashi, Ken Tanaka, Yasuko Sawaguchi, Shin Takuma
DVD (Marketing)

Nach einer - na sagen wir - kreativen Pause, war sie plötzlich wieder da. 1984 durfte Godzilla wieder einmal auftauchen, halb Tokio verwüsten, um am Ende von einem Wissenschaftler in einem Vulkan gelockt und gebraten zu werden. Nebenbei gabs die übliche aufgesetzte Kritik an Atomwaffen und dem kalten Krieg an sich und eine reaktionäre Frauenrolle zu bestaunen, die für die Handlung absolut endbehrlich ist. Gottseidank nimmt das aber nicht überhand und man darf sich an einem gelungenen Monsterfilm erfreuen - nur echt mit dem Mann im Godzilla-Kostüm.
Dank Marketing kann man sich nun zum ersten Mal auch die originale japanische Fassung hierzulande zu Gemüte führen. Was dem Film wirklich besser aussehen lässt, versprüht er dich nun den Hauch einer Großproduktion, während die alte deutsche Fassung, um gut 25 MInuten gekürzt, mit ihrer Sprunghaftigkeit und dem fehlenden Erzählrhythmus eher an ein uninspiriertes B-Movie erinnerte. Leider hört aber hier die Freude über die DVD auch schon auf: Zum einen werden sämtliche Ortsangaben etc., die im Film eingeblendet werden nicht übersetzt, das Making Of bleibt ebenso im Original belassen und daher ziemlich nutzlos. Zudem wird der englische Vor-und Abspann als der deutsche ausgeben (den es natürlich auch gibt). Wahrscheinlich wird es aber wieder mal daran gelegen haben, das man mit solchen Filmen in good-old-Germany keine großen Gewinne einfahren kann.

Dienstag, Juli 12, 2005

Wunder gibt es immer wieder...

Krieg der Welten
(The War of the Worlds)
USA 2005 116 Min
von Steven Spielberg
mit Tom Cruise, Dakota Fanning, Justin Chatwin, Tim Robbins
Kino (UIP)

Mein Gott, olle Steven hat auf seine alten Tage noch mal einen rausgehauen! Tatsächlich ist „Krieg der Welten“ im Bereich Hollywood - Blockbuster der beste seiner Zunft seit einigen Jahren. Okay, die Story hat so ihre Schwachstellen. Geschenkt, denn das war eh vorher klar angesichts der bekannten Vorlage. Viel mehr sah ich meine derzeitigen Vorbehalte gegen Hollywood wieder mal bestätigt, als bekannt wurde, dass Spielberg sich großzügig von der Armee beim Filmdreh unterstützen lies. Zu lesen war auch von der momentanen Intention der US-Army, bei gewährter Hilfe im Gegenzug besseren Zugriff und Mitsprachemöglichkeiten auf das Drehbuch und die Dreharbeiten zu bekommen. So stand wohl auch am Set von KdW der Pentagon-Mann immer in Reichweite von Herrn Spielberg. Zudem erwähnte Steven ja, dass er sich sehr an das Original von 1953 halten werde, welches ja vor Pathos und Melodramatik nur so trieft! Umso mehr erstaunt es mich, wie wenig patriotisch oder pro-militaristisch Spielbergs Film ist. Beides findet faktisch einfach nicht statt! Da sitzt man im Kinosessel, mit den Negativbeispielen der vergangen Jahre im Hinterkopf, und – denkste. Was auch immer Spielberg hier geritten hat, er sollte es öfter tun!
Auch seine Inszenierung weiß zu gefallen, einfach weil er sich offensichtlich an die guten 70er und 80er Jahre erinnert hat. Kurzum – Spielberg setzt auf echtes, ehrliches Regiehandwerk, was dem Film und seiner Wirkung deutlich zu Gute kommt. Keine wild herumfuhrwerkende Kamera, keine Shutterspielereien, keine pseudo-coolen Zeitraffer / Zeitlupen-Aufnahmen. Spielberg inszeniert technisch grundsolide – und damit richtig gut. Tatsächlich ist das doch der erste Sci-Fi/Horror/Action-Blockbuster seit Jahren, bei dem ich zu jedem Zeitpunkt wusste, was da genau gerade im Bild passiert. So wird der Blick frei auf wirklich tolle visuelle Bildkompositionen, auf wohl gewählte Kamerafahrten; die beweisen, dass Spielberg es einfach draufhat, wenn er nur will.
Auch bei den Effekten schert KdW in angenehmer Weise aus der derzeitigen Hollywood-Masche aus. Es geht mir dabei gar nicht um die Qualität der FX (die zu gefallen wissen), sondern um deren Einsatz. Tatsächlich war hier seit langem einmal NICHT dieser Hang nach MEHR zu verspüren, der sonst so unangenehm in vielen anderen Filmen seiner Art auffällt (man siehe sich Blade 3, Star Wars 1-3 oder ähnliche hohle Effekt-Orgien an). Nein, Spielberg unterwirft die Effekte seiner Inszenierung und zeigt nur das was unbedingt notwendig ist. Eine löbliche und meiner Meinung nach die einzig richtige Einstellung, an der sich andere Hollywood-Regie-Bembel mal ein Beispiel nehmen sollten.
Auch für John Williams ist KdW die reinste Frischzellenkur. Unfassbar, ich konnte es am Ende kaum glauben, das da sein Credit im Abspann stand, denn der Score hörte sich so gar nicht nach dem Einheitsbrei an, den Williams die letzten Jahre verzapft hat (zuletzt bei SW 3). Hier haben wir es mit einem wunderschön einfachen, geerdeten Score zu tun, keine bis zum Erbrechen eingesetzte Choräle, keine patriotischen Melodiebögen – Williams Score fügt sich einfach nahtlos in den Film ein und unterstützt dessen düstere Atmosphäre bestens.

Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, aber der Film beweist: Man hat in Hollywood das Kinohandwerk noch nicht gänzlich verlernt. „Krieg der Welten“ ist spannend, nie langweilig, (für einen Hollywoodfilm) erstaunlich düster und erfreut Auge und Ohr. Mehr erwarte ich von einem Blockbuster nicht. Das Tommie-Boy alles, nur kein Hafenarbeiter ist: Geschenkt. Kleinere Logiklöcher (z.B. die laufende Videokamera, obwohl alle technischen Geräte im Arsch sind): Geschenkt. Der Film unterhält Bombe, und ich kann nur hoffen, dass andere Herren aus Hollywood das selbe wie Steven gesoffen haben.

Kita "Mura"

Versus
JAP/USA 2000 115 Min
von Ryuhei Kitamura
mit Tak Sakaguchi, Hideo Sakaki, Chieko Misaka, Kenji Matsuda
DVD (Legend Films)

Viele, viele lebendige und nicht-mehr-tote fernöstliche Leute hoppeln zwei Stunden lang durch den "Wald der Wiederauferstehung" und ballern, schlitzen, knüppeln und treten sich die Knochen weg. Denn die besagte Naturschutzzone ist das 444. von insgesamt 666 Toren, die in eine andere Welt, zur dunklen, anderen Seite oder einfach nur zur nächstgelegenden Ortschaft führt.

Okay, ich geb es zu. Ich habe ein Problem mit Filmen dieser Zeit, die uns "coole" oder "ausgeflippte" Typen vorführen wollen. Warum? Weil es meist einfach nur lächerlich und dämlich ausschaut. Leider trifft dies auch größtenteils auf "Versus" zu. Man merke: banale Dialoge und manisches Overacting lassen wirklich keine interessanten Figuren entstehen. Soll es wahrscheinlich auch nicht. Denn Kitamura zeigt sehr schnell, worauf es ihm ankommt: Action, Blut, Schnelligkeit, Kamerageschwurbel. Nun, alle 4 Ingredenzien sind in Hülle und Fülle vertreten. Machen aber eben keinen guten Film daraus. Es ist ja völlig legitim, dass die Story dem Stil unterworfen ist. "Syle over Substance" ist nun wahrlich nicht ein Begriff, den Herren wie Bava oder Argento für sich allein gepachtet haben. Das Problem bei Kitamura ist aber, dass er noch sehr an seinem eigenen Stil arbeitet. Die Handkamera-Shots scheinen fast aus produktionstechnischen Gründen so zahlreich zu sein, die Kamerafahrten sind auch nicht immer optimal ausgeführt und getimt, die Farbfilterspielerei wird ziemlich beliebig eingesetzt. Es fehlt schlciht und ergreifend an einem klaren, visuellen Konzept. Sollte es doch eins gegeben haben, so kann es nur "Mal-schaun-was-ich-alles-mit-ner-Steadycam-machen-kann" oder ähnlich gelautet haben. Letzlich müssen seine Bilder auf Dauer ermüden, da immer kein narratives Gegengewicht entgegen gebracht wird. Obwohl die Story auf den vielzitierten Bierdeckel passt und die Dialoge über Plattheiten nicht hinauskommen, streckt Kitamura sein Nichts an Story auf nahezu 2 Stunden. Langeweile und eine gewisse Übersättigung bei der 312. Kamerafahrt und dem 37. Kampf ist da vorprogrammiert. Und wenn die Herren dann mal die Knarren für kurze Zeit wegstecken, und anfangen zu konversieren, kommt der Wunsch auf, dass bald wieder die Engelmacher aus der Unterhose gezogen werden. Kitamura hat visuell und handwerklich sicher einiges auf dem Kasten, das zumindest wird sichtbar. Nur leider erliegt er hier der puren Spielerei, das ganze wirkt wie ein fetziger Filmdreh unter Freunden, um ein paar geile Aufnahmen zu machen und Technik auszuprobieren. Vielleicht hätte man sich doch noch mal über das Drehbuch setzen sollen, alleine schon um es um mindestens ne halbe Stunde zu kürzen. Die wenigen gelungenen Seitenhiebe auf "Matrix" und Co. können es dann auch nicht mehr rausreißen. Für Splatterleuts und Actionjunkies ein Fest, alle anderen begeben sich recht schnell in den "Wald der Ermüdung".

Sonntag, Juni 05, 2005

Hau den Lucas!

Star Wars III - Die Rache der Sith
Star Wars III - Revenge of the Sith
USA 2005 140 Min
von George Lucas
mit Ewan McGregor, Nathalie Portman, Hayden Christensen, Samuel Jackson
Kino (Fox)

So, das wars dann wohl. Georgie-Boy hat sein Star Wars Imperium (zumindestens im Kino, zumindestens vorläufig) abgeschlossen. Leider nur 22 Jahre zu spät. Denn filmhistorisch gesehen ist er mit seiner neuen Trilogie schon lange zur dunklen Seite der Macht gewechselt. Anders jedenfalls ist die filmische Totalverweigerung, die sich "Star Wars 1 - 3" nennt, kaum zu erklären. Ja, auch "Die Rache der Sith" passt sich seinen beiden Vorgängern an. Knallbuntes Effektkino ohne jede Seele. Ein Film mit niedrigem Verfallsdatum.

Regie
Einfallslos und uninspiriert. Wie eine nicht motivierende Auftragsarbeit kurbelt Lucas die Szenen runter. Schema 1: Man beginne die Szene in einer Totalen und fahre dann im Verlauf einer Szene nah an das Objekt heran. Schema 2: Man schneide Totalen und simple Schuss-Gegenschuss-Aufnahmen aneinander. In Ausnahmefällen werden beide Schematas auch mal kombiniert. Visueller Einfallsreichtum sieht anders aus. Auch die Actionszenen sind alles andere als gelungen. Meistens klebt Georgie einfach viel zu nah an den Charakteren, so dass das Ganze schnell unübersichtlich wird (und aufgrund der Laserschwert-Flackerei in den ersten Kinoreihen akute Epilepsie-Gefahr besteht!). Auch die immer als gelungen und atemberaubend beschriebenen Eingangszenen sind von der Kameraführung einfach nur schlecht. Ich hatte immer das Gefühl, dass die Kamera recht ziel- und wahllos irgendetwas ins Bild nimmt, aus dem Bild verliert und herumschwenkt. Innovativ wie ein Pfund Gehacktes von der Fleischtheke.
Warum nur musste Lucas alle neuen Teile selbst inszenieren? Bei der Ursprungtrilogie konnte er sich noch besser einschätzen und überliess Teil 2 und 3 (nun Teil 5 und 6) anderen Regisseuren.

Schauspielführung
Gehört ja eigentlich zum Regisseursberuf dazu. Nur George hat das bis heute nicht begriffen. Entweder, weil er es schlicht und ergreifend nicht kann, oder aus simplen Desinteresse. Den Darstellern stehen jedenfalls die Fragezeichen ins Gesicht geschrieben. Was willst du bloss von uns, alter Mann?

Drehbuch
Dass Schreiben ja noch nie die Domäne von GL war, ist ja schon lange bekannt. Nach "Krieg der Sterne" sah er dies wohl auch selbst ein und stellte sich aus Selbstschutz bei den Teilen 5 und 6 einen Co-Autor zur Seite, was den beiden Filmen sichtlich guttat - vor allem in Pukten Dialog und Dramaturgie. Genau daran haperte es bei Teil 1 und 2, genau daran scheitert auch Teil 3. Im Eilschritt arbeitet das Script Szene um Szene ab, findet nie eine Verbindung zu einem großen Ganzen. Eine simple Nummernrevue, die von der schon erwähnten uninspitierten Regie noch "effektvoll" versehen wird. Auch dramaturgisch wäre viel, viel mehr drin gewesen: Ob der "Umschwung" Annies hin zur dunklen Seite der Macht, sein Unfall (erst fängt er an zu brennen, plötzlich hört er mittendrin einfach auf?!?), seine Verwandlung zu Darth Vader oder die total vermurkste Idee der Paralellhandlungen - das wirkt alles nicht sehr ausgereift, dafür aber unglaublich spannungsarm.

Schnitt
Das gewählte Mittel der Crosscuts, der Parallelmontage von zwei Szenen ist, wie schon erwähnt, schlicht und ergreifend dramturgisch fehl am Platze, da das Auseinanderpflücken der Szenen weder der Spannung, noch der Dramatik zuträglich ist. Da beides sowieso nicht vorhanden ist, wirkt das Mittel sogar kontroproduktiv und zieht das Werk zusätzlich noch nach unten, auch weil den beiden Schnittmümmeln gerade hier jegliches Timing fehlt.

Effekte
Was zuviel ist, ist einfach zuviel. Dieser Drang nach "MEHR!!!" geht mir an Hollywood ja schon seit Jahren auf den Zeiger - und die Siffkrieger hauen voll in die Kerbe rein. Natürlich - ein Star Wars muss auf Effekte setzen. Nur sollte man so viel Abstand zu seinem Werk haben, das man ein gewisses Maß walten lässt. Leider hat Lukke seinen Messbecher schon lange zu nem Blumentopf umgewandelt, denn was einem hier an kriechenden, fliegenden, rennenden, keuchenden und immer dämlichen Viechern über den Weg läuft, nervt schon nach kurzer Zeit. Immerhin kann man so nach kurzer Zeit anfangen, seinen Gähnreflex zu trainieren. Immerhin lässt sich bei diesen Figurensammelsurium so noch mehr aus dem Merchandising holen. Obwohl: so unoriginell wie die Viecher waren, glaube ich nicht so recht daran. Alleine als Captain Crossant seine vier Laserschwerter in die Griffel nahm, fühlte ich mich an Harryhausen's Medusa erinnert (Zumal die genauso gut animiert war!). Für mich war die Sache mit den "tollen" Effekten ab der Szene gegessen, als Chris Lee im Salto die Abkürzung anstatt der Treppe nahm.

Schauspieler
Die können einem echt leid tun. Am besten kam ja noch Chrissi Lee weg, der konnte sich nach dem Anfang das ganze von Draussen ansehen. Die anderen hatten weniger Glück. Es macht den Herren McGregor, Jackson und Portwein (sorry, Miss!) sichtbar keinen Spass, die ganze Zeit nur vor Blue- oder Greenscreens zu stehen. Man stelle sich dass mal vor: "Also Ewan - du stellst dich jetzt mal hier hin und gehst dann nach links. Die grübe Wand hinter dir ist ne tolle Ansicht von deinem Heimatplaneten. Neben dir laufen ein Wookie, sieben Flügeldruiden und 2 furzende Kloroboter mit Diarrhoe - natürlich nicht jetzt, sondern später erst. Dann gehst du durch diese imaginäre Tür, in ein nicht vorhandenes Zimmer und setzt dich auf ne Coach, die wir dir auch erst später unter dem Arsch rein digitalisieren!" Welcher gestandene Mime wäre da nicht angepisst von seiner Arbeit? Immerhin haben diese Herrschaften so viel Talent, dass dabei immerhin noch was einigermaßen solides dabei rauskommt. Bei weniger guten Kamerahoppeln ists da allerdings aus. Richtig, die Rede ist von Hayden Christensen. Der Junge bringts einfach nicht. Wie will man den eh schon dramturgisch verhauenen Kampf zwischen "Gut" und "Böse" halberwegs gut rüberbringen, wenn man nur mit Mühe auf einen Gesichtausdruck kommt? Scahut man in den Nahaufnahmen in Christiansens Gesicht, dann sicht man in ein großes, kulleraugiges Nichts.

Musik
Tja, die Williams-Christ-Birne liefert was grundsolides ab, zumeist recycelt aus seinen vorhergehenden Scores. Das klingt alles nicht schlecht, packt einen aber auch nicht an den Eiern.

Was bleibt, ist ein generelles Problem: Durch die neue Trilogie geht auch teilweise die Dramaturgie der Alten flöten. Wenn in Teil 6 olle Vader Luke nun eröffnet, das er sein Vater sei, mussen sich zukünftige Star Wars-Generationen nun sagen: "Weiß ich, und zwar schon lange." Auch Yoda verwandelt sich nun, vom hüpfenden Flummi aus Teil 1 - 3 auf einmal in einen steinhockenden Greis. Diese und andere Dinge werden aber Georgie wohl sicherlich dazu bewegen, nach mal Hand an seinen Ur-Trilogie zu legen. Ach was: Warum nicht noch mal neu drehen? Diesmal auch mit computeranimierten Schauspielern? Der Harrison Ford sieht heute nämlich nicht mehr so knusper aus! Dann muss Georgie auch nicht mehr mit diesen doofen Schauspielern arbeiten, die ja nicht so wie Digitaleffekte schön die Fresse halten und zu allem "Ja" und "Amen" sagen. Endlich: ein kompletter digitaler Star Wars-Film!!! Spinnerei sagt ihr? DIESEM Oppa ist ALLES zuzutrauen.

So, dass musste jetzt einfach raus! Ach ja: noch was zum Thema Komik in ST III: Wenn ich mir ne Weltraumkomödie anschauen will, dann gucke ich mir SpaceBalls an. Der nahm sich nämlich erfrischend wenig ernst. Hätte sich Georgie ne Scheibe davon abschneiden können, denn seine Gags verlaufen hier kilometerweise unter der Grasnarbe. Darauf erst mal ne Dose PerriAir!

Sonntag, Mai 22, 2005

Stone & Stone Reloaded

Das der Sonntag so schön anfangen kann. Toll! Germany bekam tatsächlich 4, in wiederhole 4 Punkte beim Eurovision Song Contest, und erreichte damit das 24.beste Ergebnis - von 24 Ländern im Finale.

Danke Europa - du hast echt Geschmack. Jedenfalls mehr als die hiesigen Plattenbosse, die diesen und den noch schlimmeren Schrott aus dem Vorentscheid produziert haben und damit Deutschland wieder einmal überhaupt nicht würdig vertreten haben.

Aber selbst dieses unterirdische Ergebnis ist ja Ansichtssache. Denn hieß es in der ARD: Nicht Gracia war zu schlecht, sondern die Konkurrenz viel zu zahlreich und zu gut. Na, DAS ist doch ein Argument.

Samstag, Mai 21, 2005

Generation Kalaschnikow

Battle Royale 2 - Requiem
JAP 2003 128 Min
von Kinji und Kenta Fukasaku
mit Tatsuya Fujiwara, Ai maeda, Shugo Oshinari, Riki Takeuchi
DVD (Kinowelt)

Drei Jahre nach dem ersten BR-Programm: Der damalige Überlebende Shuya ist inzwischen ein Terrorist geworden und kämpft für die Absetzung der BR-Gesetzes. Um ihn zur Strecke zu bringen, kommt die Regierung auf die perfide Idee, einen neuen BR-Act zu starten. Wieder wird eine Schulklasse auserwählt, doch diesmal müssen sie sich nicht gegenseitig bekämpfen, sondern sollen Shuya und seine Wild Seven Terrorgruppe unschädlich machen.

Es ist schon eine Cruz mit den BR-Teilen bisher. Die Storys hatten sozialkritisches, Teil 2 sogar regimekritisches Potenzial. Potenzial, das leider nicht wirklich genutzt wurde und weitesgehend im Box-Office-sicheren inflationären Munitionsverbrauch unterging.
Auch Teil 2 hatte durchaus interessante Ansätze am Start: den BR-typischen Konfikt zwischen Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen, hier gepaart mit einer nicht wirklich versteckten Kritik am kriegerischen Gebahren bestimmter Supermächte. Doch letzteres wird in einer Szene (die der Ansprache Shuyas) fast schon pathetisch abgearbeitet. Dem ersten Punkt wird zwar etwas mehr Gewicht verliehen, trotzdem kommt das Drehbuch von Kenta Fukasaku und Norio Kida nicht über ein paar zarte Gedankenspiele hinaus. dabei schielten die Macher offensichtlich auf das jugendliche Publikum, denn ein differenziertes Abhandeln beider verfeindeter Seiten findet zu keiner Zeit statt. Hier sind die Rollen klar verteilt: Jugendliche = gut, mit edlen Absichten, zur Gewalt getrieben; Erwachsene = durch die Bank böse, die an ihrem Weltbild und ihren Methoden festhalten wollen. Auch sonst fallen viele Störfaktoren ins Auge: Riki Takeuchi gibt als "spielleitender Lehrer" dem Wort "Over-Acting" eine neue hässliche Fratze; der Soundtrack von Masamichi Amano ergeht sich in pathetischem, schwülstigen, heroischem (oder kurz gesagt: hollywoodeskem) Gedudel, der sich in keiner Sekunde mit den Bildern zu einr Einheit vermischt. Auch das Drehbuch haut mächtig in die pathische Heldenkerbe. So darf im zweiten Teil jeder der tödlich verwundeten Jugendlichen noch röchelnd seinen Abschlussmonolog aufsagen, um dann im Arm eines Kameraden zu sterben, welcher dann mit hasserfülltem Gesicht und wild schreiend um sich ballert. Die Inszenierung selbst ergeht sich dann auch in mittlerweile schon zum Klischee verkommenden Herumgewackel und Zeitlupen. Fazit: eigentlich ein Hollywoodfilm made in Japan, wären da nicht die minimalen sozialkritischen und antiamerikanischen Einsprengsel (neben der Ansprache von Terroristenführer Shuya [die ja noch alle beteilgten Angriffkriegsländer ohrfeigt] gibts noch einen Terroranschlag zu begutachten, in dem zwei parallel gewachsene Wolkenkratzer in sich zusammensacken, der assoziativ betrachtet schon starker Tobak ist). Doch die retten den Film nicht vor dem Mittelmass.

Da auch Teil 1 einen ungewöhnlichen, aber guten Ansatz hatte (und einen Beat Takeshi), aber auch diesen zu Gunsten einer Mischung aus Kriegs- und Slasherfilm in den Hintergrund treten ließ, gebe ich meine Hoffnungen für die BR-Saga (egal, was da noch kommen möge) auf. BR wird wohl immer den Weg des sicheren Box-Office-Erfolges gehen. Schade eigentlich, denn so wird der Zahn der Zeit unweigerlich und schnell an diesen Filmen nagen.

Montag, März 21, 2005

Boogie Woogie

The Boogeyman
USA 2005 89 min
von Stephen Kay
mit Barry Watson, Emily Deschanel, Skye McCole Bartusiak, Tory Musset
Kino (UIP)

Sorry, aber momentan sind Horrorfilme Made in Hollywood einfach nur noch unterster Schrott. Neuestes Beispiel: Boogeyman! Was soll auch dabei herauskommen, wenn zwar der Produzent sam Raimi vor Jahrhunderten zwei ganz brauchbare Dinger in die Dose geschossen hat, aber sein Regisseur offensichtlich die Erfordernisse eines guten Genrefilmes nicht kennt, nicht kennen will oder aber schlichtweg untalentiert ist. Das führt dann zu einem Regiestil, der seine Unfähigkeit durch allerlei optische Spielereien und Zig-Millionen schneller Kamerafahrten und Zooms zu kaschieren versucht und der den Zuschauer mit Schocks der aller untersten Schublade Marke „sicher und 1000-mal-gesehen“ nervt, die eine Haltbarkeitsdauer von ca. 1,5 Sekunden haben (bei den ganz ängstlichen Naturen). Da geht ne Schranktür in Richtung Kamera auf: Schriller Toneffekt! Da greift der Hauptdarsteller zum Türknauf seines Zimmers: Schriller Toneffekt, garniert mit 100 Prozent deplazierten Flashback-Einzelbildern! Da kriegt unser Held im Wandschrank ‚nen Rappel: Kameragewackel plus – ratet mal – Schriller Toneffekt! Tut mir leid, aber ich stelle an das Genre mehr Ansprüche als dass ein Toningenieur alle 5 Minuten mal das Mikrophon vom Tisch fallen lässt, um mich am Einschlafen zu hindern: Wo war die notwendige Atmosphäre hin? Mehr als ein bischen Blättergeraschel war da nicht. Wo das Drehbuch, dass wenigstens eine gewisse solide Grundspannung aufbaut? Der beschriebene Bierdeckel ist in der Tat dermaßen schlecht, dass es eigentlich nur zu einem 15-Minuten-Kurzfilm reicht. Nahezu unfassbar ist es, dass offensichtlich 3(!) Autoren für dieses große Nichts benötigt wurden. Nach der Anfangsszene gibt’s Leerlauf bis zum Finale, der von diesen nahezu beleidigenden stupiden Fast-Food-Schocks vertuscht werden soll. Die klassische 5- Akt Filmstruktur beinhaltet ja als 4. Akt die Verzögerung einer Handlung, deren Ausgang schon lange klar ist und soll eigentlich auch erst nach 4/5 der Filmlaufzeit beginnen. Beim armen Boogie beginnt sie nach 20 Minuten und dauert mehr als eine geschlagene Stunde an. Nee, Leute, ist bin echt fix und fertig! Ulli Lommels Original-Kracher war immerhin noch ganz nette B-Ware, aber noch weit entfernt von so etwas wie einem guten Horrorfilm. Aber selbst aus etwas höchst Mittelmäßigem kann Hollywood momentan nix Gescheites basteln. Im Gegenteil: das Remake wertet mal wieder das Original auf.

Was? Wie? Keine Kurzsynopsis! Ihr nehmt mich auf den Arm oder? Na gut: Timmieboy mag Wandschränke nicht, weil Daddy in einem solchen von Boogie geschnetzelt wurde, als er 8 war. Um die Phobie zu besiegen kehrt er 15 Jahre später an den Ort des Geschehens zurück und trifft wieder auf den schwarzen Deibel und seine alte Jugendliebe. Am Ende zischt Boogie durch ein paar Türen und macht dann den Abflug.

Herzliches Beileid.

Freitag, März 18, 2005

Germany: No Points!

Ein mies gelauntes Kastenbrot sagte dereinst: „Geht einfach alle weg!“ Genau so ging es mir während der Ansicht des deutschen Vorausscheides zum Grand-Prix. Die Daten des Musik-Debakels:

Mikrofonmissbräuche: 10
mit Valium geimpfte Moderatoren: 01
Songideen: 1,7
stimmlich nervende Groupies: 01
künstlerische Kreativität: im nicht messbaren Minusbereich
Siegchancen: siehe Titel

Allerspätestens nach Ansicht des Interpreten-Schnelldurchlaufs-Infernos wäre doch die logische Konsequenz gewesen, auf einen Start in Kiew gänzlich zu verzichten. Warum hat den kein Programmverantwortlicher, Regisseur, Kameramann oder wenigstens ein Techniker dagegen aufbegehrt, diese Peinlichkeit statutengemäß über die Bühne zu bringen. Bei Frau Simonis hat es doch auch funktioniert. Vier Mal sogar! Und hier? Fehlanzeige. Jetzt kann man nur hoffen, dass die Kollegen aus Kiew mehr Feingefühl haben und beim Auftritt unseres Schlager-Hoppelchens das eine oder andere Kabel spalten, bevor der Dame vor lauter Vorfreude wieder das Oberschicht-Korsett platzt. Es kann nur zu unserem und dem Vorteil aller unvorbereiteter Fernsehzuschauer sein. Nur die Leute im Saal haben halt Pech gehabt: Dürfte aber nicht so schlimm sein – die Ukrainer sind uns noch wohlgesonnen: Schließlich durfte ja ihr Häuptling vor kurzem 'nen Spruch in Berlin aufsagen.

Aber es ist Rettung in Sicht: Wie SPIEGEL ONLINE meldet, überlegt man sich ja bei der verantwortlichen Fernsehanstalt sogar, ob es nicht angesichts weiter rapide sinkender Einschaltquoten klug wäre, sich sogar ganz aus dem Vorentscheid zurückzuziehen. Wie in der Schweiz geschehen, als ihr gewählter Kandidat beim letzten Grand-Prix gänzlich leer ausging. Von der Warte aus betrachtet könnte Kiew 2005 aus deutscher Sicht dann doch wieder zu was nützlich sein.

Es sei denn Malta gibt wieder 'nen Trostpunkt - das wäre unverzeihlich.

Samstag, März 05, 2005

Sadako, die 19.

The Grudge – Der Fluch
(The Grudge)
USA/JAP/BRD 2004 96 Min
von Takashi Shimizu
mit Sarah Michelle Gellar, Jason Behr, Bill Pullman, Ryo Ishibashi
Kino (Constantin)

Wenn ein Mensch aus Hass getötet wird, bleibt seine Seele am Ort der Tat zurück – und jeder der mit dem Geist in Berührung kommt, hört zwar nicht das Telefon klingeln, hat aber trotzdem definitiv ein Problem in puncto Lebenserwartung.

Hollywoods Sushi-Offensive geht in die zweite Runde. War das erste Remake eines japanischen Horrorfilmes „The Ring“ noch vom Amerikaner Gore Verbinski inszeniert, so dürfen nun die Regisseure der Originale Hideo Nakata (The Ring 2) und Takashi Shimizu (The Grudge) sich direkt an der Ami-Variante versuchen. Letzterer richtet sich in seinem Remake vollständig an seinem ersten Versuch aus. Die Besetzung wurde ausgetauscht, der Rest ist gleich. Das reicht zwar zu einem Hollywood-Grusler der besseren Sorte, macht den Film aber dadurch reichlich unnütz – zumindest für diejenigen unter uns, die sich nicht an japanischen Darstellern stören (alle anderen müssen nun die allenfalls durchschnittlich talentierten Amis in Kauf nehmen). Shimizu erzählt in ruhigen Bildern, ohne auf übertriebene Effekthascherei zu setzen. Ansonsten ist auch das Remake eine reine Ansammlung von Gruselsequenzen geworden. Die Schrifttafeln am Anfang stecken das Programm ab, der Rest der Story inklusive deren Auflösung ist nur mehr marginal von Bedeutung. Genau an diesem Punkt werden sich die Geister bei dem Film scheiden. Der eine wird das Sadako-Geister-Best-Of goutieren, andere werden sich ob des Storyentwicklungs-Stillstandes einfach nur langweilen.

Leider ist das ganze für mich trotz einer durchaus kompetenten Regie wenig schauderhaft, vom Anfang einmal abgesehen. Nach „The Ring“ 1- 3, Dark Water, The Grudge 1 und 2, Pulse, The Eye 1 und 2, Tale of two Sisters und anderen asiatischen Geisterschockern kommt für mich das Remake von The Grudge einfach ein paar Jahre zu spät. Man kennt halt alles schon zur Genüge.

Freitag, März 04, 2005

Rocky 12 – Actually he’s thinking

Es ist wie immer im Leben. Man fängt gut an, dann kommen die Bayern in Ballbesitz und es steht 0:7. Genauso muss es Sven O. , seines Zeichens Ex-Profiboxer, gestern beim Star-Quiz in der ARD gegangen sein. Anfangs stumm, aber noch beglückt ob seines Spielpartners Jens Riwa, der alle Fragen ohne Hilfe beantworten konnte, kam er sich mit Fortlauf der Sendung wohl immer deplazierter vor. Was kann man als kleiner Sportler aber auch bei kniffligen Fragen wie der folgenden groß ausrichten:
Welche dieser Sachen kann man nicht in den Mund nehmen?

A Amerikaner
B Berliner
C Hamburger
D Pariser

Es muss ihm tief im Inneren bewusst gewesen sein, dass er hier und heute noch irgendetwas Geistreiches sagen musste, um seine Besetzung als Showstatist halbwegs zu rechtfertigen. So kam es wie es kommen musste:

„Ich hab … da was … im Kopf!“

Gespannt wartete man auf das Unglaubliche, das sich nun den Weg nach draußen bahnen würde. Doch der Schöngeist zog es vor zu schweigen. „Sollen sich doch Literaturwissenschaftler die nächsten Dekaden an der Deutung versuchen. Ich sag' nichts mehr“, dachte sich der legitime Flügelwort-Nachfolger von Sepp Herberger wohl. Er hatte sein Ziel erreicht. Und fortan sollte das Star-Quiz nie mehr wie vorher sein. Gut, das ist natürlich gelogen, den 3 Zehntelsekunden später löste sein Co-Mitspieler und Svens magische Worte verbrutzelten im heißen Licht der Scheinwerfer. Was nur wollte er uns wichtiges sagen?

A My Braiiin huuurts!
B Immer auf die Beinarbeit achten. Und die Fäuste hoch nehmen. Dann die grade Linke.
C Ob ich Henry anrufen sollte? Oder doch lieber das Publikum befragen?
D Der Pariser von heute morgen war wirklich lecker!

Es wird wohl auf ewig sein Geheimnis bleiben. Immerhin – seinen „erspielten“ Gewinn stiftete er dem Deutschen Sportbund für die Jugendarbeit. Sven O. ist damit nicht nur ein Poet, sondern auch noch ein uneigennütziger Edelmann.

Da fehlt einem doch wieder alles - sogar die Worte...

Abgefuckt!

Haus der 1000 Leichen
(House of 1000 Corpses)
USA 2003 85 Min
von Rob Zombie
mit Sid Haig, Bill Moseley, Sheri Moon, Karen Black
DVD (Sunfilm)

Captain Spaulding und seine Spießgesellen machen einen auf TCM und foltern 4 doofe Teenies. Das Rip-Off des Tobe Hooper Klassikers lässt dabei nur eine Frage aufkommen:
Was wollte Rob Zombie überhaupt mit seinem Film? Eine Horrorkomödie kann er nicht vor Augen gehabt haben, dafür ist der Film einfach nicht pointiert genug. Zu einem Terrorstreifen reicht es aber auch bei weitem nicht. Dafür sind seine Bilder einfach nicht dreckig genug. Im Gegenteil: die Farbfilter-Spielereien geben dem Film selbst in den Katakomben-Szenen einen schrecklich sauberen Look. Zudem bringt Robbie seinen Film in vielen Szenen durch eine ungeschickte Musikwahl (z.B.: die Ermordung des Vaters und der beiden Polizisten) schlichtweg um die Intensität. Auch die in einem Horrorfilm so dringend benötigte Atmosphäre einer latenten Bedrohung oder nur des schieren Wahnsinns kann sich so nicht entfalten. Die Figuren können es auch nicht rausreißen: Die Teens sind wie üblich dumm wie ein halbes Weißbrot und erwecken nicht mal den Hauch von Sympathie, die Freaks hängen somit dramaturgisch in der Luft, da es mir relativ egal ist, was sie mit den Pubertätsverweigerern anfangen. Auch die Dialoge sind debil bis zum Anschlag. Würde man sämtliche „Fucks“, „Shits“ und andere Nettigkeiten von der Tonspur nehmen, wäre das „Haus der 1000 Leichen“ nur mehr ein Stummfilm mit Musikbegleitung. Wenigstens die kann ich teilweise als gelungen ansehen, rettet den Film aber nicht vor der Pleite. Das tut auch der Schlussgag nicht, da er nur dann wirkt, wenn man sich die letzten 30 Jahre erfolgreich um jeden Horrorfilm gedrückt hat. Sorry, aber vorhersehbar ist noch viel zu wohlwollend ausgedrückt. Auch die vielen Videoclip-Zwischensequenzen sorgen für keinerlei Atmosphäre, ganz egal welcher Art. Eine kleine modische Spielerei eines Regisseurs in der Ausbildung, der auch sein Drehbuch um jede eigene Idee herum geschrieben hat.

So ist der Film nichts Halbes und nichts Ganzes und bleibt irgendwo im Nichts zwischen Komödie, Terrorfilm und Langweile stecken. Warum Rob Zombie seinen Film letztlich so weichgespült hat, bleibt unklar. Wollte er sein Publikum vielleicht gar nicht nachhaltig erschrecken? Also eine Achterbahnfahrt ohne Nebenwirkungen? Wie dem auch sei: Tatsache ist, dass das „Haus der 1000 Leichen“ sich als weitaus zahmer herausstellt, als ihn viele sehen wollen. Da ist es dann auch egal, dass auf dem Cover Herr Hooper (das One-Hit-Wonder des Hororfilmes) das Vehikel als „höllisch guten Horrorfilm“ bezeichnet. Alt ist er geworden, der Tobe.

Schlohweißer Tag

Coming Out
DDR 1989 108 Min
von Hainer Carow
mit Matthias Freihof, Dirk Kummer, Dagmar Manzel, Michael Gwisdek
DVD (Icestorm Entertainment)

Es ist Silvester. Feuerwerk, Alkohol, gute Laune. Ein Tag, um mir seiner Familie, mit Bekannten oder guten Freunden zu feiern. Für manche aber auch ein Tag, an dem sich die eigene Einsamkeit um ein vielfaches verstärkt.
Ein Krankenwagen fährt durch die vom Feuerwerk erleuchteten Straßen. Ein junger Mann liegt in einem klinisch kalten Krankenhausraum, der Magen wird ihm ausgepumpt. Den Grund für seinen Selbstmordversuch erfährt die Ärztin erst nach einigem Zureden: „Ich bin schwul --- homosexuell!“. Schon die Anfangssequenz von Heiner Carows „Coming Out“ berührt zutiefst. Mit präzisen langen Kameraeinstellungen bringt uns der Regisseur das ganze Dilemma des Jungen näher. Das gequälte, desillusionierte Gesicht lässt einen nicht mehr los und ist nur ein Beispiel für die grandiosen Leistungen der Darsteller in diesem Film.
Philipp ist ein junger, engagierter Lehrer. Einer, der seinen Beruf liebt. An Liebe glaubt er auch bei seiner Beziehung zur Kollegin und Freundin Tanja. Als sie eines Tages Besuch von einem Bekanten bekommt, bricht Philipps verdrängte Homosexualität wieder auf. Bei seinem ersten Besuch in einer Berliner Schwulenkneipe lernt er auch Matthias (den Jungen aus den Anfangsminuten) kennen – und verliebt sich in ihn. Doch der Schritt zur Akzeptanz seiner eigenen Gefühle ist noch zu groß, er flüchtet sich in ein Doppelleben, das er vor beiden Partnern geheim hält.
Auch nach mehrmaligem Betrachten des Films bin ich erstaunt über die absolute Nüchternheit des Films. Wenn irgendwo das Adjektiv „realitätsnah“ passt, dann hier - keine Übertreibungen, keine reißerischen Szenen, keine verlogene Heile – Welt – Romantik, kein aufgesetztes Happy-End. Das präzise recherchierte und genau beobachtete Drehbuch von Wolfgang Witt, die sensible Regie, die unaufdringliche Kameraarbeit Martin Schlesingers und die unbefangenen, vollkommen natürlich wirkenden Darstellungen der Schauspieler harmonieren hervorragend miteinander. Dieser Film wirkt in manchen Passagen dokumentarisch – das größte Kompliment was man diesem Streifen machen kann. Jahrelang kämpfte Heiner Carow auch aus persönlichen Gründen bei der DEFA um die Realisierung dieses Stoffes, der missionarische Geist, ein altes Tabu im DDR-Kino zu brechen, ist dem Film in jeder Einstellung anzumerken. Als ein gelungenes Beispiel sei die erste Liebesnacht zwischen Matthias und Philipp vermerkt. Diese Szenen sind so sensibel gestaltet, das sie sowohl erotisch wirken, als auch die Unsicherheit zweier Neulinge klar zum Ausdruck bringen.
„Hier ist jeder allein – und jeder hier hat Angst“ sagt der Kellner des Schwulenlokals in einer zentralen Szene. Somit ist der Film nicht nur ein einfühlsames, mitreißendes Coming-Out-Drama, sondern auch der Zustandsbericht einer ganzen Generation von schwulen DDR-Bürgern. Zwar vom Staat toleriert und entkriminalisiert, doch im realen Leben tabuisiert und in ein Randgruppendasein gedrängt. Auf einer weiteren Ebene geht der Film auch zu einer offenen Anklage gegen die Versäumnisse der sozialistischen Regierung über. Ein alter Mann im bereits erwähnten Lokal setzt Philipps Frustriertheit in Relationen. „Ich habe einen verdammt hohen Preis dafür bezahlt, dass ich mich heute mit dir an so einem Ort unterhalten darf“. Seine Erlebnisse aus der Nazizeit schließen mit der Bemerkung: „ Nach dem Krieg hat die Partei alles dafür getan, das erlebte Unrecht auszumerzen, nur die Schwulen, die hat man vergessen.“ Direkter kann eine Anklage nicht formuliert werden. So ist dieser Film nicht nur sensibel und dokumentarisch, sondern vor allen Dingen verdammt mutig, auch wenn der Mut letztlich zu spät kam. Seine Premiere erlebte „Coming Out“ just am Tag des Mauerfalls.
So wird dieser Film zu einer Geschichtsstunde vom schwulen Leben hinter dem eisernen Vorhang; und er sorgt dafür, dass dieses Kapitel deutscher Geschichte auch nachkommenden Generationen erhalten bleibt. Die DDR hat nur einen Film zum Thema Schwulsein zu Stande gekriegt, dieses eine Exemplar ist aber einer der wichtigsten Werke in der Geschichte der DEFA.

Donnerstag, März 03, 2005

Mit der Lizenz zu Löten

James Bond 007 – Diamantenfieber
(Diamonds are forever)
GB 1971 116 min
von Guy Hamilton
mit Sean Connery, Jill St. John, Bruce Glover, Putter Smith
DVD ( MGM )

Was ist denn hier los? James Bond, das Synonym für Macho, Frauenschwarm und überberstender Männlichkeit auf dieser Seite? Ja, genau so ist es, und wenn sich die Verwunderung gelegt hat oder auch der Schock überwunden ist, dann können wir einen Blick auf den wärmsten Bondfilm werfen, der bisher das Licht der Welt erblickte.

Zunächst ist alles so wie immer: Als Bond durfte nach dem 007-Quickie von George Lazenby in „Im Geheindienst ihrer Majestät (GB 1969, von Peter Hunt) wieder der „einzig wahre“ Sean Connery ran. Als Oberschurke darf Bonds Erzfeind Ernst Stavro Blofeld agieren, natürlich nur echt mit seiner weißen Perserkatze. Die Welt will er diesmal mit Hilfe einer Fernlenkwaffe mit Infrarotsensoren zum Untergang bewegen. Doch natürlich kommt ihm 007 zusammen mit seiner Kollegin Tiffany Case auf die Schliche. Klar das Blofeld versucht, sich durch seine Handlanger von der britischen Plage zu befreien. Und eben jene Handlanger haben diesmal keinen Hut mit verstärkter Goldkante (wahrscheinlich von ADO) oder ein Gebiss aus Metall, nein unser Killerpärchen in „Diamantenfieber“ ist stets adrett gekleidet und hat das Parfümfläschchen immer in der Jackentasche. Jawohl – die beiden Herren sind schwul und darüber hinaus noch fest liiert. Und genau das macht den Film zu einem trashigen Vergnügen. Man nehme nur einmal die Szene, in der die zwei nach vollbrachter Arbeit Händchen haltend in den Sonnenuntergang hineingehen (Zwei glorreiche Halunken?). Auch bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sind Mr. Smith und Mr. Kidd hübsch schwuppig kreativ – also nix mit Handfeuerwaffen oder Messern. Nein, hier kommen Skorpione und brennende Schaschlikspieße zum Einsatz. Zudem muss man feststellen, dass das Vorhandensein solch geballten Schwulseins wohl auch etwas auf die Herren Bond und Blofeld abgefärbt haben muss. Letzter wird dann schon einmal dabei ertappt, wie er sich als Frau verkleidet. Und unser guter James bleibt zwar ganz der Hetero der er nun mal ist, entdeckt aber in der Anfangssequenz von Gay Hamiltons Streifen beim schönen „Hände hoch“ – Spiel seine feminine Seite.
Doch am Ende muss natürlich 007 über die Bösewichter triumphieren. Das gelingt ihm allerdings nur, weil er ihr Parfüm erkennt („…zu süß und zu schwul…“) und sie daraufhin ins Jenseits befördert (…den Hund hat’s mit eingeklemmten Schwanz zerrissen…“). Was ich persönlich sehr schade fand, denn die beiden hätte ich mir auch gut neben Roger Moore vorstellen können. Zitat Mr. Kitt: „Ich muss sagen, Mrs. Case ist sehr attraktiv --- wenn man auf Frauen steht!“

Lenzis Schlafrock

Entschuldigen Sie, sind Sie normal?
a.k.a. Flotte Teens und der Staatsanwalt
a.k.a. Das heiße Girl und der Staatsanwalt
(Scusi, lei e normale?)
Italien 1979 87 min
von Umberto Lenzi
mit Ray Lovelock, Anna Maria Rizzoli, Renzo Montagnani, Enzo Cerusico
Video (Holiday Movies)

Was für eine doofe Frage! Natürlich nicht, denn ansonsten hätte ich auf das Vergnügen, der Vorführung dieses Filmes beizuwohnen gerne verzichtet. Aber irgendeine Macke hat ja jeder. Also bitteschön:
Das oben erwähnte „heiße Girl“; wahlweise auch „der heiße Teen“ (don`t look at me so komisch, ich kann auch rein gar-nothing für diese Titel) ist die Tochter eines politischen Abgeordneten, der sich gegen den Sittenverfall im Allgemeinen und die Pornographie im Besonderen einsetzt. Zu dumm nur das die Tochter als „Nina Pompon“ heimlich für Sexmagazine posiert. Väterchen findet in seinem Kampf Unterstützung durch den Generalstaatsanwalt von Spoleto mit Namen Sparvieri, doch auch dieser hat ein schwarzes Schaf in seiner Verwandtschaft. Sein Neffe Nino ist schwul (oder er versucht zumindest so zu tun). Beide moralisch Gefährdeten lernen sich bei einem Marathon -Tanzwettbewerb kennen, der nicht nur eine Belastung für die Beine darstellt. Auch die Ohren erwischt es voll, denn Lenzis Stammkomponist Franco Micalizzi bittet zum „Disco-Boogie-Woogie“!!! Und das klingt genau so wie der Name es erwarten lässt. Anders gesagt, das ganze auf CD in der Endlos-Schleife und meine Nachbarn kündigen mir die Freundschaft.
Vollkommen abnorm findet es auch Nina, dass ihre neue Bekanntschaft so gar nichts von ihr wissen will – selbst mit Alkohol will sich der erhoffte Beischlaf mit Nino nicht einstellen. Aber sie gibt nicht auf, und das sehr zum Ärger von Ninos Freund(in) Nicole, einem Transvestiten, der sich auch nicht so einfach von seiner Beziehung lösen will. Ich habe jetzt mal mit viel Phantasie das Wort „ Beziehung“ verwendet. Denn im Film kriegt man davon nicht sehr viel mit – und wenn dann höchstens in dezent verbaler Form. Den einzigen körperlichen Kontakt zwischen Nino und Nicole im ganzen Film markiert ein gezielter Faustschlag voll auf die 12. (Sie schlugen aber küssten sich nicht!) Auch ansonsten ist es wie in allen Mainstream- Filmen dieser Zeit. Homosexuelle sind alle Transvestiten oder aber auf dem Sprung dorthin. In jeden Fall sind sie asexuell. (Na gut: ein händehaltendes Pärchen glaube ich kurz im Hintergrund gesehen zu haben.) So ist das Ende dann natürlich auch vorgezeichnet: Nino wird zum Hetero und Nicole und der Staatsanwalt dürfen sich am Schlussgag von „Manche mögens heiss“ versuchen. Auch auf dem Erotiksektor gibt’s keine Überraschungen. Während sich diverse Damen barbusig bis schamhaarig geben, behalten die Kerle ihre Kleider an.
Leider ist der Film auch als Komödie ein ziemlicher Bauchklatscher. Das Drehbuch ist stellenweise so unglaublich dusselig, das man die Beweggründe des Handels der einzelnen Personen teilweise nicht nachvollziehen kann. Also das Herbeiführen von komischen Situationen auf Teufel komm’ raus – was ja mitunter auch funktionieren kann. Hier jedoch nicht. Daran hat dieses Mal die deutsche Bearbeitung durch die Firma „Schier“ ihren Anteil. Denn was hier verbal zum Besten gegeben wird, spült man sonst gemeinhin mit Domestos aus. Schier zum Davonlaufen halt. Wer sich wirklich diesen Film ansehen möchte, dem empfehle ich, zwecks Vorbeugung von Langweile eine Strichliste der am meisten gebrauchten Synonyme für Homos zu führen. Ich kam zu spät auf diesen wunderbaren Gedanken, glaube aber dass Tunte, Hinterlader und Schwuchtel ganz vorne dabei wären. Ansonsten gibt’s allerlei hohle Sprüche a la „Mann hat die einen Popo, da kriegt man ja einen zu viel!“ und natürlich noch meinen persönlichen Favoriten in dem Reigen: ein netter Carabinieri meint über Nicole: „Der ist ja so schwul, das er mit der flachen Hand die Hose bügeln kann!“. In jedem Fall bleibt die Erkenntnis, dass auch eine traditionelle Klamauk-Synchro aus deutschen Landen nicht lustig ist, wenn die Macher ihren Humor in der Kniescheibe haben.