Dienstag, September 27, 2005

Haste Schwert, kannste wandern...

…bist du gelb wirst! – Cinevals Filmrolle, die 1.

Da ich merke, dass ich zeitlich unmöglich zu jeden von mir gesehen Film einen längeren Text schreiben kann (und manchmal auch nicht will, ha!) gibt’s von nun an in regelmäßig unregelmäßigen Abständen einen kleinen Film-Schnelldurchlauf in diesem meinem schönen Blog.

Die Todespagode des gelben Tigers
(Bao Biao / Have Sword, will travel)
HK 1969 101 Min
von Chang Cheh
mit David Chiang, Ti Lung, Chan Chueng, Cheng Lei
DVD (MIB)

Schwertkämpfer Siang und seine verlobte Piao Piao sollen den Transport von kaiserlichen Silbertalern sichern, der aber ein einem berühmt-berüchtigten Turm vorbeikommt, der von Banditen belagert wird. Unterwegs treffen sie auf Yi Lo, der den beiden seine Hilfe anbietet. Piao Piao findet den Kleinen ganz purzelig, und schon herrscht Stunk in der Bambushütte.

Chang Chehs früher Schwertkampffilm stellt den Betrachter auf eine harte Probe, denn die ersten gut 70 Minuten werden von den Irrungen und Wirrungen des Herzensreigens zwischen den drei Hauptpersonenen getragen. Das ist filmhistorisch durchaus interessant, gibt das ganze doch einen guten Einblick in den kulturellen Background und auf den Zeitgeist, in dem diese Filme damals entstanden. Wer genug Bereitschaft mitnimmt, das getragene Tempo des Filmes anzunehmen und auch über die teilweise recht heftigen melodramatischen Szenen hinwegzusehen, der bekommt in der letzten halben Stunde Action pur angeboten. Erstklassig choreographiert, inszeniert und ausgeführt, stellt auch dieser Film Chang Chehs („Das Schwert des gelben Tigers“) klar, dass in Sachen Ästhetik, Körperbeherrschung, Inszenierung und auch Brutalität die Shaw-Brothers damals weltweit die Nase vorn hatten. Dazu gehört natürlich auch der minutenlange, heftige und scheibchenweise Heldentod, damit der Liebesreigen wieder ins moralisch Reine kommt.

Die Nacht der rollenden Köpfe
(Passi di danza su una lama di rasoio / Death carries a Cane)
SPA/ITA 1972 88 Min
von Maurizio Pradeaux
mit Susan Scott, Robert Hoffman, Simon Andreu, George Martin
DVD (X-NK)

Die gute Kelly beobachtet durch ein Teleskop einen Mord. Durch eine Indiskretion der Polizei kommt die Sache in die Presse, was den Mörder folglich auf den Plan bringt. Da man bald Kellys Verlobten der Tat verdächtigt, machen sich beide zusammen auf die Suche nach dem mysteriösen Finsterling, der sich in der Zwischenzeit weiter durch die Besetzungsliste arbeitet.
Och ja, eingefleischte Gialli-Liebhaber werden an dem Filmchen ihren Gefallen finden. Aber auch nur sie, denn diese italienisch-spanische Co-Produktion stellt im Genre gerade mal Mittelmaß da. Den Hauptanteil daran trägt die reichlich lustlose und statische Inszenierung durch Maurizio Pradeux, dem nur selten spannende und atmosphärisch dichte Sequenzen gelingen. Die Szene mit dem vorzeitigen Ableben der Haushälterin im flackernden Kerzenlicht und das Finale stehen auf der Habenseite, unzählige unnötige Fickelszenen, lahme Dialoge und eintönige Mordsequenzen dagegen. Auch die Musik von Roberto Pregadio reißt in den Film mit ihrer Trötigkeit nach unten. Generell fällt dem Film sein augenscheinlich doch eher geringes Budget auf die Füße. Ohne das typische 70er-Jahre-Flair wäre der Film ein Fall für die Zelluloid-Guillotine, damit wenigstens ansatzweise hier irgendwas rollen würde. Sämtliche Darstellerköpfe bleiben natürlich auf ihren Schultern, aber derartig reißerische, aber filmfremde deutsche Synchrontitel waren damals durchaus nicht selten. Jedenfalls hätte „Die Nacht der aufgeschnippelten Kehlen weitaus besser gepasst.

Il Profumo della Signora in Nero
(The Perfume of the Lady in Black)
ITA 1974 100 Min
von Francesco Barilli
mit Mimsy Farmer, Mario Scaccia, Maurizio Bonuglia, Donna Jordan
DVD (Raro)

Silvia Hackermann, in einem chemischen Labor arbeitend, bekommt zusehends Probleme mit ihrer Wahrnehmung der Realität. Immer öfter befindet sie sich in Situationen und begegnet Personen, die sie an ihre Kindheit erinnern (oder aus selbiger kommen?). Dort wurde die kleine Silvia Zeugin eines tragischen Unfalls, deren Erinnerung daran wieder in ihr Bewusstsein zurückkehrt. Driftet sie wirklich zusehends in den Wahnsinn ab, oder spielt jemand ein fieses Spiel mit ihr?
Sicherlich, die Story klingt altbekannt und Genrefans werden den Schlusstwist im Wissen von ähnlich gelagerten Werken („Rosemarys Baby“ etc.) beizeiten vorausahnen können. Thematisch in der gleichen Kategorie wie Aldo Lados „Malastrana“ spielend, stellt auch „Profumo“ eher einen okkulten Horrorfilm mit Giallo-Einflüssen, als einen echten Beitrag zum italienischen Thriller dar. Wie man ihn auch immer einordnen möchte, feststeht dass der Film jede DVD-Sammlung aufwertet. Für einen Debütanten hat Francesco Barilli, hauptberuflich Drehbuchautor (zum Beispiel von „Chi l’ha vista moriere?“ von Aldo Lado, einem der besten Giallos überhaupt) stilistisch und inszenatorisch eine erstaunlich sichere Hand. Die Reminiszenzen an Argento, Bava und auch Lado sind augenscheinlich, trotzdem versteht es Barilli durch seinen klugen Bildaufbau mit einer Reihe von ausgesucht schönen Einstellungen und den gut placierten Kamerafahrten dem Film eine feine, unterschwellige Spannung und eine Atrmosphäre der stetigen Bedrohung, des Unheimlichen zu schaffen. Zu Hilfe kommt ihm dabei die Hauptaktrice Mimsy Farmer, die ihre selbstbewusste und zugleich unsichere Figur, die nach und nach mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird und darüber den Boden verliert, überzeugend auf die Leinwand bringt. Ein weiterer Pluspunkt ist die elegisch schöne Musik von Nicola Piovani, deren Kauf wiederum jedes CD-Regal aufwerten würde. Dass Barilli hier ordentliche Production Values zur Verfügung standen, zeigt sich zudem an der sauberen und präzisen Kameraarbeit von Mario Masini. All dies kommt auf der vorliegenden DVD bestens zur Geltung, so dass ich den Film allen Interessenten des Spaghetti-Kinos nur wärmstens ans Herz legen kann. Das die äußere Logik des Filmes nicht vorhanden ist, sollte kein Hinderungsgrund sein, dann damit ist es ja meistens vorbei, wenn sich ein Horrorfilm auf okkulten Pfaden befindet. Was bleibt ist: Diese Barilla-Nudel ist sehr "al dente" - im wahrsten Sinne des Wortes!

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