Dienstag, Juli 26, 2005

Deep, deep Down...

Danger: Diabolik
(Diabolik)
ITA/FRA 1967 100 Min
von Mario Bava
mit John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi
DVD (Paramount)

Diabolik ist schlichtweg das Reizwort für die Polizei und ihren höheren Befehlsgebern. Da Inspektor Ginko den gewieften Klaufuchs nicht erwischen kann, rückt er dem Drogenboss Valmont auf die Pelle. Er soll Diabolik fangen, damit die Polizei ihre Razzien in seinen Absatz-Etablissements wieder etwas lockerer handhabt.

Ach ja, es ist so eine Sache mit Comicverfilmungen. Viele hat es bisher gegeben. Doch wirklich gelungen sind leider nur die wenigsten. Das Hauptproblem: Wie kann ich die Funktionsweise der Comics (ihr wisst schon: Panels, Sprechblasen) in einen Film übertragen? Viele haben sich daran die Zähne ausgebissen. Aktuelle Nieten wie die „Fantastischen Vier“ oder „Batman IV“ beweisen, dass es scheinbar nicht viele Filmregisseure gibt (und gegeben hat), die halberwegs kapiert haben, was genau einen Comic funktionieren lässt bzw. wie man einen Comic artgerecht auf die Leinwand überträgt.
Gehen wir einmal zurück in die 60er Jahre. Richtig, da war ja Batman schwer in Mode. Doch sieht man sich dieser Tage die Serie sowie den Film an, dann stellt man fest: das Ganze ist zugegebener Maßen netter Trash, aber mit einem Comic hat das nicht viel zu tun. Da muss schon mehr kommen, als ein paar „Sliff!“ oder „Zoooom“ Sprechblasen, wann immer die olle Fledermaus und sein schwules Mündel die Griffel durch die Luft fliegen lassen. Also kann man wohl auch die 60er abhaken. Wer so denkt, der sollte sich lieber erst einmal „Danger: Diabolik“ in den Player schmeissen!
In einer Hinsicht ist dieser Film ungewöhnlich für Mario Bava, bis heute einer der visuell begabtesten Regisseure der Filmgeschichte. Es ist seine einzige Großproduktion, hier für Dino de Laurentiis. Dadurch konnte er diesmal auf eine erlesene Besetzung zurückgreifen: John Phillip Law, Marisa Mell, Michel Piccoli, Adolfo Celi und Terry-Thomas waren damals alles andere als Unbekannte in ihrem Business. Ansonsten ist alles so wie immer beim guten Mario: Das großzügig bemessene Budget von gut 3 Millionen Dollar ließ ihn nicht von seiner Art einen Film zu inszenieren abbringen. So kostete „Diabolik“ am Ende nur gut ¼ des veranschlagten Etats. Anzusehen ist das dem Film nicht, ganz im Gegenteil. Denn Bava war eben nicht nur ein sehr guter Regisseur und Kameramann, sondern auch ein begnadeter Visuell- and Special Effects-Bastler. In Diabolik zeiht er alle Register seinen Könnens: Matte Paintings, Glass-Paintings, Miniaturaufnahmen, Doppelbelichtungen – alles fügt sich harmonisch in den Film ein und sieht, gemessen an den damaligen Standards, richtig schnieke aus (Als Beispiel seien nur die Szenen in Diaboliks unterirdischer Behausung genannt).
Doch kommen wir zurück zu unserem Ausgangspunkt. Ja, Bava hat tatsächlich ziemlich gut verstanden, was Comics funktionieren lässt. Comics versuchen, durch die Panels hinweg eine Illusion großer Tiefe, großer Bewegung zu erzeugen. Genau dort scheitern viele Comicadaptionen (aus den 60ern nahezu alle!). Es wird zwar viel wert auf Ausstattung, Kostüme und Special Effects gelegt. Aber durch die viel zu statische Kamera entsteht keine Bewegung im Film. Alles wirkt langsam und statisch. Genau in die Falle tappt Bava nicht. Er nutzt Zooms und Kamerabewegungen, die in Verbindung mit der natürlichen Bewegung der abgefilmten Objekte dem Film ein für damalige Zeiten, gerade in den Actionszenen, atemberaubendes Tempo geben. Zudem überträgt Bava zwar nicht den visuellen Stil der Comics, aber die Eigenart der „Panels“, also der vielen Einzelbilder pro Seite, auf den Film. Sei es dass man die Personen nur in Autospiegeln im Bild sieht, sei es, dass ein leeres Bücherregal zwischen die Akteure und die Kamera platziert hat – Bava versucht immer wieder, sein Filmbild panelartig zu gestalten.
Dass er in vielen Bildfolgen und Einstellungen den gezeichneten Originalen folgt, passt da ebenfalls ins gute Gesamtbild. Die Sequenz, in der er sich als Turmkletterer bei einem seiner Diebeszüge versucht, kann in puncto mise-en-scene 1:1 in einen Comic übertragen werden.
Abseits von Bavas technischem und inszenatorischem Geschick ist auch eine inhaltliche Betrachtung sehr interessant. Diabolik stammt von einem in den 60er Jahren sehr bekannten „Fumetti“ (Comicstrip, eigentlich wörtlich übersetzt „puff of smoke“, angelehnt an die Comic-typischen Sprechblasen) von Angela and Luciana Giussani und weist gegenüber seinen amerikanischen Pendants einen großen Unterschied auf. Anders als Batman, Superman und Co. ist er weder ein edler Retter und Kämpfer für die Armen und Unterdrückten noch ein traumatisierter und schüchterner Typ. Er ist mehr ein halber Robin Hood. Er klaut das Geld zwar von den „Reichen“, behält es aber für sich und seine Flamme. Diabolik ist zwar smart und trickreich, bleibt aber doch immer ein Krimineller mit Ansätzen zum Terroristen. John Philipp Law liefert dabei eine beachtliche Performance ab. Da sein Dress nur einen schmalen Sehschlitz für die Augen freilässt, bleiben ihm zum schauspielen nicht viel mehr als die Augen und sein Körper, eine Limitierung, der er mit vollem Einsatz und Augenrollen gegensteuert. Auch die restliche Besetzung liefert souveräne Leistungen ab. „Danger: Diabolik“ atmet dabei ganz tief den Hauch der späten 60er, was Farben, Formen und Lebensgefühl angeht. Auch dafür liebe ich den Streifen.
Bavas Film ist eigentlich ein Muss für Comic-Liebhaber, für Bava-Fans sowieso und für all diejenigen, die den guten Mario immer noch als reinen Horrorregisseur abstufen. Diabolik ist für mich das Non-plus-Ultra im Comicfilmbereich der 60er! Allein schon die Filmmusik von Ennio Morricone, der hier wohl einen der deftigsten Easy Listening-Pop-Soundtracks aller zeiten hinlegt: Nach nicht mal 5 Sekunden seines Actionthemas schmeisst man sämtliche Neal Hefti-Platten freiwillig aus dem Fenster!

Sonntag, Juli 24, 2005

Palim Palim – Man staunt... Immer!

Didi – Der Doppelgänger
BRD 1983 95 Min
von Reinhard Schwabenitzky
mit Dieter Hallervorden, Tilo Prückner, Ruth Maria Kubitschek, Manfred Lehmann
DVD (Turbine)

Didi – und die Rache der Enterbten
BRD 1984 88 Min
von Christian Rateuke und Dieter Hallervorden
mit Dieter Hallervorden, Wolfgang Kieling, Manfred Tauchen, Gerhard Wollner
DVD (Turbine)

Didi auf vollen Touren
BRD 1986 88 Min
von Wigbert Wicker
mit Dieter Hallervorden, Bernard Menez, Hans-Peter Hallwachs, Pierre Tornade
DVD (Turbine)

Seien wir doch mal ehrlich – die 80er Jahre waren filmisch gesehen aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland eine trostlose Zeit. Okay, da gab es zu Beginn des Jahrzehnts noch „Das Boot“ von Wolfgang Petersen, auch Volker Schlöndorff trommelte auf Blech, doch ansonsten? Fehlanzeige!
Dort noch einige letzte Röchler aus der Sexwelle der 70er, hier noch ein paar peinliche Nachfolger der „Lustspiel“-Offensive der 60er mit Darstellern aus den 50ern. Und als sich dann noch der große Rainer Werner 1983 in den Himmel workaholict hatte – und mit ihm der ganze „Neue Deutsche Film“ und seine Filmförderungsgeldvernichtungsmaschinen a la Alexander Kluge und Konsorten aufgehört hatten zu existieren, da war endgültig der Ofen aus. Immerhin- die Herren hatten ja ganze Arbeit geleistet. Intelligent war ihr Kino ja mehr oder weniger. Leider bekamen diese Herren beim Wort Unterhaltungskino Pusteln im Gesicht, und das Publikum beim „Genuss“ ihrer Werke Verstopfung zwischen den Backen. Ja richtig, unglaublich schwer diese Kost. Wären da nicht die paar internationalen Co-Produktionen gewesen („Der Name der Rose“ u.a.), so wären in Sachen Unterhaltung BRD-Filmwerke wohl unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelaufen. Ob das mit der biederen, konservativen und verstaubten Politik der Kohl-Regierung zusammenhing, für die ja eh alles Übel aus dem Video, Fernsehen, Kino kam? Wie dem auch sei, das deutsche Kino war in den 80ern auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt.
Trotzdem – ein paar Lichtblicke gab es: Da waren ja noch die Supernasen. Gottschalk und Krüger konnten zwar schauspielerisch kein Weißbrot an die Wand spielen, aber ihr trashiger Charme und ihre damalige Popularität liessen die Leute in die Kinos strömen. So geschehen auch bei den drei Otto-Filmen, in denen Herr Waalkes seine 70er Jahre-Gags noch einmal für die große Leinwand aufwärmte (und dies bis heute tut, siehe „7 Zwerge“). Sieht man sich diese Filme heute an, wird man zwar immer noch einigermaßen unterhalten, doch ansonsten hat der Zahn der Zeit sichtbar an ihnen genagt. Schaut man hinter die komödiantische Fassade, so begegnen einem sichtbare Mängel in Punkto Inszenierung und Ausstattung. Kurzum, die Streifen wirken wie Fernsehfilme: statisch, hausbacken, ohne visuelle Einfälle. Tja, und dann fallen einem dieser Tage die filmischen Exponate von Dieter Hallervorden in die Hände, die nun, professionell aufbereitet in Bild und Ton und mit beachtlichen Extras, auf den DVD-Markt losgelassen werden. Es war schlichtweg verblüffend, aber hier tritt exakt der gegenteilige Effekt auf. Wurden die Filme aus den Erinnerungen meiner Kindheit heraus aufgrund der Komik für unterhaltsam befunden, so zeigt sich bei neuer Betrachtung, neben der Tatsache, das der Humor größtenteils immer noch zieht, vor allem eines: Die Filme sind alle hervorragende Beispiele dafür, dass es auch in der BRD der 80er Jahre tatsächlich gutgemachtes Unterhaltungskino gab, das auch nach KINO ausschaut. Wie bei seinen Kollegen Otto und den Supernasen zog auch hier in erster Linie Hallervordens Popularität die Leute an. Der Unterschied zu den anderen Beispielen ist nur, dass denen, die kamen, nicht nur Humor, sondern auch gut inszenierte Action und kinogerechte Bilder vorgesetzt wurde. Ganz zu schweigen von den sehr eingängigen Soundtracks im typischen 80er Jahre-Stil. Warum bloß kam sonst niemand außer Produzent Wolf Bauer auf die Idee, Action mit Komik zu paaren. Die war doch nun wahrlich nicht neu und versprach, bei einem gut ziehenden Kassenmagnet wie Hallervorden, gute bis sichere Gewinne. Die Idee war im Heimatland des „NdF“ so neu, dass die Produktion bei allen hier vorliegenden Filmen auf einen Stuntkoordinator aus dem Ausland zurückgreifen musste, aus der simplen Tatsache heraus, dass es vor Ort niemanden gab, der die Anforderungen der Produktion erfüllen konnte. Servicewüste Deutschland – also auch beim Film. Robert Menegoz vollbringt als Koordinator und Regisseur der Actionszenen jedenfalls einen tollen Job, so dass diese Sequenzen auch heute noch alles andere als schlecht aussehen. Auch zeigt sich Hallervorden selbst als reichlich furchtlos und meistert viele heikle Sachen von selbst (so turnt uns Didi liebend gerne auf bzw. an fahrenden LKWs herum). Nur bei allzu gefährlichen Stürzen oder Stunts musste dann auf ein Stuntdouble zurückgegriffen werden. Alles echt also, nur die Achterbahn-Szenen in der „Rache der Enterbten“ mussten mit Blue-Screen aufgenommen werden, was dann heute tricktechnisch auch auffällt, jedoch nicht unbedingt negativ.
Interessant ist die Tatsache, dass Hallervorden seine „Didi“-Figur von Film zu Film veränderte und weiterentwickelte. Vom „Doppelgänger“ über die „Enterbten“ bis „auf vollen Touren“ lässt sich eine Entwicklung der Figur weg vom „Nonstop Nonsens“-Prototyp feststellen. Beim jüngsten der drei Filme gibt es dann nur noch seltene Reminiszenzen an die gute alte „Palim, Palim“- Zeit.
Ansonsten wissen auch Hallervordens Schauspielkünste zu gefallen. Auf vollen Touren weist ja als einziger der drei Filme nur eine Rolle für ihn auf, ansonsten meistert er die 7(!) Rollen in der Rache der Enterbten und die 4 Rollen im Doppelgänger souverän. Richtig, eigentlich sind es ja nur zwei Rollen in seinem 83er-Film, doch wer genau hinsieht wird bemerken, dass Hallervorden es nicht dabei belässt, einmal stur Bruno Koop sowie Hans Immer zu spielen. Er nuanciert die beiden Rollen, wenn grad ein Identitätswechsel aktiv ist, so dass es zwischen den beiden angelegten Grundrollen auch noch die Unterrollen Bruno Koop als Hans Immer und Hans Immer als Bruno Koop gibt. Da schlaffen sämtliche Supernasen ab.
Generell lässt sich sagen, dass alle drei Filme von der Geschichte her sicherlich nicht atemberaubend neu sind. Auch der Vorwurf der katholischen Filmkritik, dass die Drehbücher viele Stereotype und Klischees aneinanderreihen ist nicht von der Hand zu weisen. Hier zeigt sich aber wieder einmal, was der „NdF“ auch mit unseren Schreiberlingen angestellt hat. Nicht jeder Film muss tiefgründige hintersinnige Konnotationen und Sub-Texte enthalten! Hallervordens Filme sind, obwohl mit gesellschaftlichen und politischen Spitzen angereichert, inhaltlich banal, aber weisen eine gute Dramaturgie, ordentliches Tempo, herrlichen Wort- und Bildwitz (wenn man mit dem Hallervordschen Humor etwas anfangen kann; Logo – Geschmackssache), gelungene Kamera- und Regiearbeit (selbst das Autoren-Team Hallervorden/Rateuke fällt da nicht negativ aus dem Rahmen) und unterhaltsame, gut ausgeführte Action auf. Hollywood machts nicht anders, nur ein paar Mark teurer. Ja tatsächlich, gelungene Actionkomödien aus Deutschland, zudem aus den tristen Kohl-Jahren: Sowas gibt’s wirklich!
Die, in Anbetracht des Alters der Filme, sehr gute Bild- und Tonqualität hab ich ja schon weiter oben erwähnt. Daneben können die Turbine-Scheiben auch im Bonusbereich erfolgreich punkten: Neben einigem noch aus dem Archiven gefischtem Schnittmaterial und verschiedenen zeitgenössischen Fernsehauftritten Hallervordens ist jeweils eine Folge der TV-Serie Zelleriesalat und Gitterspeise sowie ein Audiokommentar enthalten. Hier wurde dem Hauptdarsteller Dieter Hallervorden und dem Producer Wolf Bauer neben einigen anderen an der Produktion Beteiligten (u.a. Kameramann Joseph Vilsmaier bei „Didi auf vollen Touren“) auch jeweils ein aktueller Jungregisseur als Moderator an die Seite gestellt. Mit unterschiedlichem Erfolg: Beim Doppelgänger erläutert Peter Thorwarth („Bang Boom Bang“) gerne wichtige Eckpunkte einer guten Erzählung. Doch neben dem ganzen Gewese um Plot-Points etc. scheint er nicht sonderlich daran interessiert zu sein, die Erinnerungen seiner Kommentatorskollegen anzuregen. Als er gegen Ende des Filmes dann Hallervorden auch noch um Karten für die „Wühlmäuse“ anhaut, fragt man sich doch glatt, ob er sich zu jedem Zeitpunkt bewusst war, dass er hier einen Audiokommentar für eine DVD moderiert! Kann man so was nicht hinterher klären? Tobi Baumann („Der Wixxer“) passieren solche herben Ausrutscher nicht, er nervt die Herren schon öfter mit Fragen an ihr Gedächtnis, braucht jedoch für jede dieser Fragen mindestens eine Minute Redezeit, während dieser man sich doch manchmal wünscht, seine Mitstreiter im Raum könnten jetzt einfach schon mal antworten, weil inzwischen eh jedem klar ist, worauf die Frage abzielt. Den besten Job machte m.M. nach bisher Christian Zübert („Lammbock“) auf der „Rache der Enterbten“ DVD, indem er wirklich mal den Fan raushängen lässt und die Herren mit Fragen bohrt, das es raucht. Als dies und den jeweiligen Soundtrack auf separater CD gibt es aber nur auf der limitierten Erstauflage. Also hurtig.

Freitag, Juli 15, 2005

Läutert sie bebend!

Häutet sie lebend
(Scorticateli vivi)
Italien 1978 85 Min
von Mario Siciliano
mit Bryan Rostron, Guiseppe Castellano, Pier Luigi Giorgio, Karin Well
DVD (Best)

Ein mickriger Kleingangster namens Rudy bekommt Probleme mit der heimischen Mafia und büchst nach Afrika aus, um sich einer Söldnertruppe anzuschliessen, die sein Bruder leitet. Dieser wird aber gefangen genommen und so versuchen seine Mitstreiter den ganzen Film über ihn aus seinem Gefängnis zu befreien. Rudy macht natürlich mit, auch weil er inzwischen erfahren hat, dass sein Familiengenosse ein paar Edelklunker hinter seinem Patronengurt versteckt hält.
Tja, Mario Siciliano zeigt uns die ekligsten Seiten der Menschheit. Tatsächlich besteht „Scorticateli vivi“ ausschließlich aus niedrigen, unsympathischen, abgewrackten und miesen Typen, denen sämtliche Zivilisationsprinzipien über Bord gegangen sind. Die Söldner beklauen sich schon mal gegenseitig, prügeln sich bei jedem noch so beknackten Grund und alles was keinen Schwanz zwischen den Beinen hat, wird vergewaltigt. Treten dann doch mal ein paar halbwegs normale Darsteller vor die Kamera, darf sich der Betrachter gewiss sein, dass sie es nicht lebend aus der Sequenz schaffen werden. Also eine vergessene Perle des Söldnerfilms, der die Machenschaften solcher gekaufter Mörder anklagt? Nee, nee - Häutet sie lebend (dem Titel wird der Film nur auf verbaler Ebene gerecht) versucht auf der exploitativen Trashklaviatur zu spielen – und trifft so gut wie keinen Ton richtig. Da haben wir ne uninspirierte und lustlose Regie, schlechte Schauspieler, die leider nicht für unfreiwillige Lacher gut sind und eine Story, die zwar hübsch dämlich ist, aber leider überhaupt kein Tempo besitzt. So bleibt nur Stelvio Cipriani schnuddelige Musik, die er offensichtlich auf dem Synthesizer seines Sohnes (wenn er einen hat) eingespielt hat. Ansonsten fallen noch die in dem Subgenre üblichen rassistischen Untertöne auf, die wieder einmal durch die prollige Synchro noch verstärkt werden. Erkennbar war das Budget für den Film sehr, sehr niedrig angesetzt. Da kommt es dann schon mal vor, dass das Hauptquartier, in dem der Söldnerchef gefangen gehalten wird, von mickrigen 4(!) Leuten bewacht wird. Besonders schon ist auch die Szene, in dem ein Jeep wohl möglichst nahe an eine Wegsperre vor einem Eingangstor heranfahren sollte, dieses dem Darsteller aber königlich misslingt und er voll in die Absperrung hineinrauscht. Siciliano fands klasse und hat die Szene dringelassen und sorgt so für einen der wenigen Lacher auf Seiten des Zuschauers.

Die große Grüne und ihre kackende Kaulquappe

Godzilla – Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster
(Godzilla vs. Hedorah)
Japan 1971 86 Min
von Yoshimitsu Banno
mit Akira Yamauchi, Hiroykui Kawase, Toshio Shibaki, Haruo Nakajima
DVD (Marketing)

Bedingt durch die immer größere globale Umweltverschmutzung taucht aus einem See voller unschöner chemischer Ablagerungen ein gnubbliges Monster mit feuerroten Augen auf – Hedorah (in der deutschen Fassung Hydrox). Die/Der gute absorbiert sämtliche Ablagerungen, atmet mit Vorliebe den Dreck aus Fabrikschornsteinen ein und hat die unerfreuliche Eigenschaft, ihre Nahrung in purem Schwefel umzuwandeln, den sie furzenderweise über die gepeinigte Bevölkerung ausschüttet. Doch das Biest hat die Rechnung ohne Godzilla gemacht, der inzwischen zu Japans Knuddel- und Rettermonster Nr. 1 degradiert wurde. Als der Abgasheini auch noch mit fliegenden Kotbällen schmeisst, reicht es Big G, und es gibt auf die Nuschel.

Das liest sich sehr trashig, ganz so wie man es von einem japanischen Monsterfilm, grade aus der Zeit der frühen 70er Jahre erwartet. Leider will sich aber nicht wirklich eine unbefangene Genießerstimmung bei meiner einer einstellen, da der Film letztlich mehr verschenkt als erreicht. Okay, man wollte bei der TOHO offensichtlich neue Wege gehen und der zuletzt etwas schwächelnden Godzilla-Reihe wieder etwas frisches Blut hineinpumpen. Die Idee mit Hedorah/Hydrox, als Reaktion auf die aktuellen Probleme der weltweiten Umweltverschmutzung, war da nicht die schlechteste Idee. Jedoch wurde aus dem potenziell-düsteren Background der neuen Kreatur unter den Händen von Regisseur Yoshimitsu Banno ein kleines harmloses, manchmal obskures Kinderfilmchen. Nur in ein, zwei Sequenzen (Hedorah fliegt über Menschenmassen hinweg, die wie die Fliegen umfallen und nur noch Skelette übrigleiben) wird angedeutet, was man hätte aus dem Stoff machen können. Das war es dann leider aber auch. Interessant ist, dass durch die Fokussierung auf den neuen sozial-kritischen Brennpunkt Umweltverschmutzung der alte, klassische der Warnung vor dem bedenkenlosen Einsatz der Atomkraft nun völlig verschwindet und sogar ins Gegenteil verkehrt wird. Letztlich ist es nämlich Godzillas radioaktiver Strahl, der die fliegende Giftgaskloake ins Jenseits befördert.
Darüber hinaus hat der Film noch mehr Eigenschaften, die einen mürbe machen. Da wäre zum einen die größtenteils schrecklich nervtötende Filmmusik von Riichoro Manabe. Egal ob die musikalische Untermalung von Godzillas Kämpfen oder aber der Titeltrack, der von einigen der schlechtesten Backgroundstimmchen aller Zeiten geadelt wird. Ein weiteres Ärgernis hat sich zudem wieder einmal in der Rollenverteilung des Drehbuches versteckt. Waren es bisher immer die typisch altmodischen Frauenrollen der Marke weinerlich, Schreianfall gefährdet, und alle-drei-Schritte-auf-die-Fresse-fallend-wenn-ich-vor-nem-Monster-wegrenne, die es in Kauf zu nehmen galt, so ist es diesmal die Figur des kleinen Sohns von Dr. Yano. Anstatt dieser zur Hauptrolle hochgeschossen wird, liegt er nach einer Furzattacke die meiste Zeit doof im Bett rum, während sich sein Sprössling hübsch altklug-nervtötend durch den Film artikulieren darf. Der Kleine ist ein absoluter Godzilla-Fan, träumt von ihm, geht mit seinem Gelaber um Godzilla allen auf den Keks und darf ihm am Schluss noch kitschig-niedlich nachwinken. Die Rolle ist wohl noch ein Überbleibsel aus dem 1969er-Eintrag „Godzilla’s Revenge“, in dem die Herren und Damen Großhufer nur in den Träumen von einigen Kiddies als deren Beschützer vorkamen. Hier nun geht man in der Hinsicht noch einen Schritt weiter, da der Film als einzigen vagen Grund, warum Godzilla überhaupt auftaucht, den festen Glauben des Jungen anbietet, dass es der große Grüne Hedorah schon zeigen würde. Generell ist Godzillas Rolle im Film alles andere als toll. Sie taucht irgendwann auf, rennt tapsig durch putzige Landschaftsminiaturen, kabbelt sich mehrmals mit dem rotäugigen Stinker (wobei sie meist den kürzeren zeiht) und darf am Ende einen geistreichen Einfall haben, der das Vieh den Garaus macht. Das ist dramaturgisch nicht wirklich der Knaller. Apropos Knaller: den schießt natürlich wieder mal die deutsche Synchronfassung ab, die dem Film, nicht als einzigem der Serie, in eine imaginäre Frankenstein-Posse verwandelt. Zudem sind es auch nicht die Teufelsmonster, sondern höchstens ein einziges. Da der Titel, so blöde wie er ist, nicht einfach so im Raum stehen konnte, musste er natürlich irgendwo rein in die Synchro. Ein beatiger Tanzschuppen wird zum Angriffziel der Monster-Stinkmorchel, die eine kleine Kostprobe ihres leckeren Schlammes die Treppen zum Etablissement runterschickt. Beim Anblick der grünen Suppe fällt den panischen Discogängern dann nichts besseres ein als: „Was sind denn das für Teufelsmonster?! – „Ahhhh, Frankensteins Teufelsmonster!!!“ Ob das ein Kommentar zur verkifften Jugend jener Zeit war? Ich habe da so meine Zweifel.

Donnerstag, Juli 14, 2005

Madame bittet zum Tanz

Godzilla - Die Rückkehr des Monsters
(Godzilla 84 / Return of Godzilla)
Japan 1984 103 Min
von Koji Hashimoto
mit Keiju Kobayashi, Ken Tanaka, Yasuko Sawaguchi, Shin Takuma
DVD (Marketing)

Nach einer - na sagen wir - kreativen Pause, war sie plötzlich wieder da. 1984 durfte Godzilla wieder einmal auftauchen, halb Tokio verwüsten, um am Ende von einem Wissenschaftler in einem Vulkan gelockt und gebraten zu werden. Nebenbei gabs die übliche aufgesetzte Kritik an Atomwaffen und dem kalten Krieg an sich und eine reaktionäre Frauenrolle zu bestaunen, die für die Handlung absolut endbehrlich ist. Gottseidank nimmt das aber nicht überhand und man darf sich an einem gelungenen Monsterfilm erfreuen - nur echt mit dem Mann im Godzilla-Kostüm.
Dank Marketing kann man sich nun zum ersten Mal auch die originale japanische Fassung hierzulande zu Gemüte führen. Was dem Film wirklich besser aussehen lässt, versprüht er dich nun den Hauch einer Großproduktion, während die alte deutsche Fassung, um gut 25 MInuten gekürzt, mit ihrer Sprunghaftigkeit und dem fehlenden Erzählrhythmus eher an ein uninspiriertes B-Movie erinnerte. Leider hört aber hier die Freude über die DVD auch schon auf: Zum einen werden sämtliche Ortsangaben etc., die im Film eingeblendet werden nicht übersetzt, das Making Of bleibt ebenso im Original belassen und daher ziemlich nutzlos. Zudem wird der englische Vor-und Abspann als der deutsche ausgeben (den es natürlich auch gibt). Wahrscheinlich wird es aber wieder mal daran gelegen haben, das man mit solchen Filmen in good-old-Germany keine großen Gewinne einfahren kann.

Dienstag, Juli 12, 2005

Wunder gibt es immer wieder...

Krieg der Welten
(The War of the Worlds)
USA 2005 116 Min
von Steven Spielberg
mit Tom Cruise, Dakota Fanning, Justin Chatwin, Tim Robbins
Kino (UIP)

Mein Gott, olle Steven hat auf seine alten Tage noch mal einen rausgehauen! Tatsächlich ist „Krieg der Welten“ im Bereich Hollywood - Blockbuster der beste seiner Zunft seit einigen Jahren. Okay, die Story hat so ihre Schwachstellen. Geschenkt, denn das war eh vorher klar angesichts der bekannten Vorlage. Viel mehr sah ich meine derzeitigen Vorbehalte gegen Hollywood wieder mal bestätigt, als bekannt wurde, dass Spielberg sich großzügig von der Armee beim Filmdreh unterstützen lies. Zu lesen war auch von der momentanen Intention der US-Army, bei gewährter Hilfe im Gegenzug besseren Zugriff und Mitsprachemöglichkeiten auf das Drehbuch und die Dreharbeiten zu bekommen. So stand wohl auch am Set von KdW der Pentagon-Mann immer in Reichweite von Herrn Spielberg. Zudem erwähnte Steven ja, dass er sich sehr an das Original von 1953 halten werde, welches ja vor Pathos und Melodramatik nur so trieft! Umso mehr erstaunt es mich, wie wenig patriotisch oder pro-militaristisch Spielbergs Film ist. Beides findet faktisch einfach nicht statt! Da sitzt man im Kinosessel, mit den Negativbeispielen der vergangen Jahre im Hinterkopf, und – denkste. Was auch immer Spielberg hier geritten hat, er sollte es öfter tun!
Auch seine Inszenierung weiß zu gefallen, einfach weil er sich offensichtlich an die guten 70er und 80er Jahre erinnert hat. Kurzum – Spielberg setzt auf echtes, ehrliches Regiehandwerk, was dem Film und seiner Wirkung deutlich zu Gute kommt. Keine wild herumfuhrwerkende Kamera, keine Shutterspielereien, keine pseudo-coolen Zeitraffer / Zeitlupen-Aufnahmen. Spielberg inszeniert technisch grundsolide – und damit richtig gut. Tatsächlich ist das doch der erste Sci-Fi/Horror/Action-Blockbuster seit Jahren, bei dem ich zu jedem Zeitpunkt wusste, was da genau gerade im Bild passiert. So wird der Blick frei auf wirklich tolle visuelle Bildkompositionen, auf wohl gewählte Kamerafahrten; die beweisen, dass Spielberg es einfach draufhat, wenn er nur will.
Auch bei den Effekten schert KdW in angenehmer Weise aus der derzeitigen Hollywood-Masche aus. Es geht mir dabei gar nicht um die Qualität der FX (die zu gefallen wissen), sondern um deren Einsatz. Tatsächlich war hier seit langem einmal NICHT dieser Hang nach MEHR zu verspüren, der sonst so unangenehm in vielen anderen Filmen seiner Art auffällt (man siehe sich Blade 3, Star Wars 1-3 oder ähnliche hohle Effekt-Orgien an). Nein, Spielberg unterwirft die Effekte seiner Inszenierung und zeigt nur das was unbedingt notwendig ist. Eine löbliche und meiner Meinung nach die einzig richtige Einstellung, an der sich andere Hollywood-Regie-Bembel mal ein Beispiel nehmen sollten.
Auch für John Williams ist KdW die reinste Frischzellenkur. Unfassbar, ich konnte es am Ende kaum glauben, das da sein Credit im Abspann stand, denn der Score hörte sich so gar nicht nach dem Einheitsbrei an, den Williams die letzten Jahre verzapft hat (zuletzt bei SW 3). Hier haben wir es mit einem wunderschön einfachen, geerdeten Score zu tun, keine bis zum Erbrechen eingesetzte Choräle, keine patriotischen Melodiebögen – Williams Score fügt sich einfach nahtlos in den Film ein und unterstützt dessen düstere Atmosphäre bestens.

Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, aber der Film beweist: Man hat in Hollywood das Kinohandwerk noch nicht gänzlich verlernt. „Krieg der Welten“ ist spannend, nie langweilig, (für einen Hollywoodfilm) erstaunlich düster und erfreut Auge und Ohr. Mehr erwarte ich von einem Blockbuster nicht. Das Tommie-Boy alles, nur kein Hafenarbeiter ist: Geschenkt. Kleinere Logiklöcher (z.B. die laufende Videokamera, obwohl alle technischen Geräte im Arsch sind): Geschenkt. Der Film unterhält Bombe, und ich kann nur hoffen, dass andere Herren aus Hollywood das selbe wie Steven gesoffen haben.

Kita "Mura"

Versus
JAP/USA 2000 115 Min
von Ryuhei Kitamura
mit Tak Sakaguchi, Hideo Sakaki, Chieko Misaka, Kenji Matsuda
DVD (Legend Films)

Viele, viele lebendige und nicht-mehr-tote fernöstliche Leute hoppeln zwei Stunden lang durch den "Wald der Wiederauferstehung" und ballern, schlitzen, knüppeln und treten sich die Knochen weg. Denn die besagte Naturschutzzone ist das 444. von insgesamt 666 Toren, die in eine andere Welt, zur dunklen, anderen Seite oder einfach nur zur nächstgelegenden Ortschaft führt.

Okay, ich geb es zu. Ich habe ein Problem mit Filmen dieser Zeit, die uns "coole" oder "ausgeflippte" Typen vorführen wollen. Warum? Weil es meist einfach nur lächerlich und dämlich ausschaut. Leider trifft dies auch größtenteils auf "Versus" zu. Man merke: banale Dialoge und manisches Overacting lassen wirklich keine interessanten Figuren entstehen. Soll es wahrscheinlich auch nicht. Denn Kitamura zeigt sehr schnell, worauf es ihm ankommt: Action, Blut, Schnelligkeit, Kamerageschwurbel. Nun, alle 4 Ingredenzien sind in Hülle und Fülle vertreten. Machen aber eben keinen guten Film daraus. Es ist ja völlig legitim, dass die Story dem Stil unterworfen ist. "Syle over Substance" ist nun wahrlich nicht ein Begriff, den Herren wie Bava oder Argento für sich allein gepachtet haben. Das Problem bei Kitamura ist aber, dass er noch sehr an seinem eigenen Stil arbeitet. Die Handkamera-Shots scheinen fast aus produktionstechnischen Gründen so zahlreich zu sein, die Kamerafahrten sind auch nicht immer optimal ausgeführt und getimt, die Farbfilterspielerei wird ziemlich beliebig eingesetzt. Es fehlt schlciht und ergreifend an einem klaren, visuellen Konzept. Sollte es doch eins gegeben haben, so kann es nur "Mal-schaun-was-ich-alles-mit-ner-Steadycam-machen-kann" oder ähnlich gelautet haben. Letzlich müssen seine Bilder auf Dauer ermüden, da immer kein narratives Gegengewicht entgegen gebracht wird. Obwohl die Story auf den vielzitierten Bierdeckel passt und die Dialoge über Plattheiten nicht hinauskommen, streckt Kitamura sein Nichts an Story auf nahezu 2 Stunden. Langeweile und eine gewisse Übersättigung bei der 312. Kamerafahrt und dem 37. Kampf ist da vorprogrammiert. Und wenn die Herren dann mal die Knarren für kurze Zeit wegstecken, und anfangen zu konversieren, kommt der Wunsch auf, dass bald wieder die Engelmacher aus der Unterhose gezogen werden. Kitamura hat visuell und handwerklich sicher einiges auf dem Kasten, das zumindest wird sichtbar. Nur leider erliegt er hier der puren Spielerei, das ganze wirkt wie ein fetziger Filmdreh unter Freunden, um ein paar geile Aufnahmen zu machen und Technik auszuprobieren. Vielleicht hätte man sich doch noch mal über das Drehbuch setzen sollen, alleine schon um es um mindestens ne halbe Stunde zu kürzen. Die wenigen gelungenen Seitenhiebe auf "Matrix" und Co. können es dann auch nicht mehr rausreißen. Für Splatterleuts und Actionjunkies ein Fest, alle anderen begeben sich recht schnell in den "Wald der Ermüdung".