Samstag, Oktober 01, 2005

Sarsky & Clutch

Uomini si nasce, Poliziotti si muore
(Live like a Cop, Die like a Man / Eiskalte Typen auf heissen Öfen)
ITA 1976 91 Min
von Ruggero Deodato
mit Marc Porel, Ray Lovelock, Adolfo Celi, Renato Salvatori
DVD (Raro)

Alfredo und Antonio sind zwei Bullen einer Spezialeinheit der Polizei, die zwar erfolgreich sind, leider aber nur wenig mit der Dienstvorschrift am Hut haben. Nach einem tödlichen Anschlag auf einen ihrer Kollegen nehmen sie sich den Mafiaboss Roberto Pasquini, genannt „Bibi“, vor. Doch an den ist mit legalen Mitteln nicht so leicht heranzukommen. Bloss gut, dass die zwei damit noch nie Probleme hatten.
Was uns die Herren Ruggero Deodato (Regie) und Fernando di Leo (Idee und Drehbuchautor) hier vorsetzen, ist schon reichlich harter Tobak. Diese beiden Bullen noch als Gesetzeshüter zu bezeichnen, wäre die Übertreibung des Jahres. Ja, Alfredo und Antonio sind DIE spezielle Art von Polizisten, bei denen auch Dirty Harry und Commissario Ferro für eine Dienstaufsichtsbeschwerde plädieren würden. Okay, wir schreiben die 70er, und damals gehörte es zum guten Ton, dass man als „Cop“ schon mal die Gesetze etwas „dehnen“ musste, um mit dem ganzen neumodischen Abschaum an Psychopathen fertig zu werden. Doch von „dehnen“ kann hier keine Redemehr sein, nein, bei unseren zwei Herren hier haben sich sämtliche Gesetze schon lange nen Muskelfaserriss geholt. Und so drängt sich dem Betrachter die Frage auf: Wie kommt man auf so eine Geschichte?
Ich habe da zwei Theorien. Erstens: Di Leo hat sich mit lustigen Mittelchen selbst eingetütet und dann seinen Alpträumen freien Lauf gelassen. Zweite Möglichkeit: Das ganze ist tatsächlich eine Parodie. Da ich di Leo sehr schätze, widme ich mich einfach mal dem zweiten Punkt, und tatsächlich funktioniert das ganze so ziemlich gut. Alleine die beiden Hauptfiguren sind alles andere als Sympathieträger und werden als dümmliche Proleten mit einem ständig zuckenden Ersatzpenis aus Eisen gezeigt. Außer Ficken, Ballern und über Ficken und Ballern zu reden haben unsere zwei Buletten nicht zu bieten. So lacht man bei ihrer aufgesetzt kühlen Art und ihren pubertären Späßen nicht mit ihnen, sondern über sie. Di Leo muss sich diebisch amüsiert haben beim Schreiben, und setzt zum Schluss zum ganz großen Finale an: Denn nicht die beiden bringen den Mafiaboss um die Ecke, sondern lassen sich wie Anfänger in eine Falle jagen, was ihnen auch egal ist, da sie eh schon wieder schwanzdenkend an irgendeiner blonden Biene herumfingern, die man als dummen Köder auf sie angesetzt hat. Dass besagte Falle nicht zuschnappt, dafür sorgt der Chef der Spezialeinheit höchstpersönlich, obwohl der sich bisher im Film nur hinter einem Schreibtisch befunden hatte. Jedenfalls darf er „Bibi“ auf den Blocksberg schicken, und diesen Antihöhepunkt finde ich, aus charakteristischer Sicht wie auch aus persönlicher Überzeugung, recht gelungen. Keine Macht den Doofen – erst recht nicht, wenn sie ne Knarre haben, die auf Dauerfeuer gestellt ist!
So ist es auch nicht verwunderlich, dass es im Film keine Charakterentwicklungen gibt und auch bei keiner der Hauptfiguren ein Wort über die jeweilige Vorgeschichte verloren wird. Wer immer noch den Intellekt einer Amöbe hat, kann sich seit seiner Pubertät nicht großartig weiterentwickelt haben.
Für eine Parodie sprechen zudem einige vollkommen übertriebene Szenen, beispielsweise die rollige Mätresse des Ganoven, die in ihrer Wohnung die beiden Dumpfbacken zum Spontan-Koitus überredet. Auch die Schiessübungen der Zwei im Dosenparcour mitten in der Heide sind einfach nur hübsch lächerlich. Also doch eine Parodie für den denkenden Bildungsbürger, für alle anderen ein „toughes Cop-Movie“ mit sympathischen Draufgängern und willigen Bräuten.

Abseits der inhaltlichen Ebene hat Deodato die Sache fest im Griff. Dass der Gute einst bei Rosselini in die Lehre gegangen ist, zeigt sich hier an seinem direkten Inszenierungsstil. Viele Handkamerashots und – als Hohepunkt – eine schwarzgedrehte und dadurch faszinierende Motorradverfolgungsjagd quer durch die Innenstadt Mailands (oder war es doch Rom?). Die Darsteller erledigen solide ihren Job – und auch der Gesang von Ray Lovelock fällt nicht negativ ins Gewicht.
„Uomini…“ ist ein merkwürdiger Film, der als Parodie ungemein zieht, da Deodato das Tempo hochhält und keine Langweile aufkommen lässt. Der deutsche Titel wirkt wieder einmal reichlich dümmlich, trifft es damit aber eigentlich schon wieder ganz gut. Jedenfalls steckt in den „heissen Öfen“ des Filmes mehr Leben und Gefühle (jau!) als in deren eiskalten Besitzern.

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