Sonntag, Juli 24, 2005

Palim Palim – Man staunt... Immer!

Didi – Der Doppelgänger
BRD 1983 95 Min
von Reinhard Schwabenitzky
mit Dieter Hallervorden, Tilo Prückner, Ruth Maria Kubitschek, Manfred Lehmann
DVD (Turbine)

Didi – und die Rache der Enterbten
BRD 1984 88 Min
von Christian Rateuke und Dieter Hallervorden
mit Dieter Hallervorden, Wolfgang Kieling, Manfred Tauchen, Gerhard Wollner
DVD (Turbine)

Didi auf vollen Touren
BRD 1986 88 Min
von Wigbert Wicker
mit Dieter Hallervorden, Bernard Menez, Hans-Peter Hallwachs, Pierre Tornade
DVD (Turbine)

Seien wir doch mal ehrlich – die 80er Jahre waren filmisch gesehen aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland eine trostlose Zeit. Okay, da gab es zu Beginn des Jahrzehnts noch „Das Boot“ von Wolfgang Petersen, auch Volker Schlöndorff trommelte auf Blech, doch ansonsten? Fehlanzeige!
Dort noch einige letzte Röchler aus der Sexwelle der 70er, hier noch ein paar peinliche Nachfolger der „Lustspiel“-Offensive der 60er mit Darstellern aus den 50ern. Und als sich dann noch der große Rainer Werner 1983 in den Himmel workaholict hatte – und mit ihm der ganze „Neue Deutsche Film“ und seine Filmförderungsgeldvernichtungsmaschinen a la Alexander Kluge und Konsorten aufgehört hatten zu existieren, da war endgültig der Ofen aus. Immerhin- die Herren hatten ja ganze Arbeit geleistet. Intelligent war ihr Kino ja mehr oder weniger. Leider bekamen diese Herren beim Wort Unterhaltungskino Pusteln im Gesicht, und das Publikum beim „Genuss“ ihrer Werke Verstopfung zwischen den Backen. Ja richtig, unglaublich schwer diese Kost. Wären da nicht die paar internationalen Co-Produktionen gewesen („Der Name der Rose“ u.a.), so wären in Sachen Unterhaltung BRD-Filmwerke wohl unter Ausschluss der Öffentlichkeit gelaufen. Ob das mit der biederen, konservativen und verstaubten Politik der Kohl-Regierung zusammenhing, für die ja eh alles Übel aus dem Video, Fernsehen, Kino kam? Wie dem auch sei, das deutsche Kino war in den 80ern auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt.
Trotzdem – ein paar Lichtblicke gab es: Da waren ja noch die Supernasen. Gottschalk und Krüger konnten zwar schauspielerisch kein Weißbrot an die Wand spielen, aber ihr trashiger Charme und ihre damalige Popularität liessen die Leute in die Kinos strömen. So geschehen auch bei den drei Otto-Filmen, in denen Herr Waalkes seine 70er Jahre-Gags noch einmal für die große Leinwand aufwärmte (und dies bis heute tut, siehe „7 Zwerge“). Sieht man sich diese Filme heute an, wird man zwar immer noch einigermaßen unterhalten, doch ansonsten hat der Zahn der Zeit sichtbar an ihnen genagt. Schaut man hinter die komödiantische Fassade, so begegnen einem sichtbare Mängel in Punkto Inszenierung und Ausstattung. Kurzum, die Streifen wirken wie Fernsehfilme: statisch, hausbacken, ohne visuelle Einfälle. Tja, und dann fallen einem dieser Tage die filmischen Exponate von Dieter Hallervorden in die Hände, die nun, professionell aufbereitet in Bild und Ton und mit beachtlichen Extras, auf den DVD-Markt losgelassen werden. Es war schlichtweg verblüffend, aber hier tritt exakt der gegenteilige Effekt auf. Wurden die Filme aus den Erinnerungen meiner Kindheit heraus aufgrund der Komik für unterhaltsam befunden, so zeigt sich bei neuer Betrachtung, neben der Tatsache, das der Humor größtenteils immer noch zieht, vor allem eines: Die Filme sind alle hervorragende Beispiele dafür, dass es auch in der BRD der 80er Jahre tatsächlich gutgemachtes Unterhaltungskino gab, das auch nach KINO ausschaut. Wie bei seinen Kollegen Otto und den Supernasen zog auch hier in erster Linie Hallervordens Popularität die Leute an. Der Unterschied zu den anderen Beispielen ist nur, dass denen, die kamen, nicht nur Humor, sondern auch gut inszenierte Action und kinogerechte Bilder vorgesetzt wurde. Ganz zu schweigen von den sehr eingängigen Soundtracks im typischen 80er Jahre-Stil. Warum bloß kam sonst niemand außer Produzent Wolf Bauer auf die Idee, Action mit Komik zu paaren. Die war doch nun wahrlich nicht neu und versprach, bei einem gut ziehenden Kassenmagnet wie Hallervorden, gute bis sichere Gewinne. Die Idee war im Heimatland des „NdF“ so neu, dass die Produktion bei allen hier vorliegenden Filmen auf einen Stuntkoordinator aus dem Ausland zurückgreifen musste, aus der simplen Tatsache heraus, dass es vor Ort niemanden gab, der die Anforderungen der Produktion erfüllen konnte. Servicewüste Deutschland – also auch beim Film. Robert Menegoz vollbringt als Koordinator und Regisseur der Actionszenen jedenfalls einen tollen Job, so dass diese Sequenzen auch heute noch alles andere als schlecht aussehen. Auch zeigt sich Hallervorden selbst als reichlich furchtlos und meistert viele heikle Sachen von selbst (so turnt uns Didi liebend gerne auf bzw. an fahrenden LKWs herum). Nur bei allzu gefährlichen Stürzen oder Stunts musste dann auf ein Stuntdouble zurückgegriffen werden. Alles echt also, nur die Achterbahn-Szenen in der „Rache der Enterbten“ mussten mit Blue-Screen aufgenommen werden, was dann heute tricktechnisch auch auffällt, jedoch nicht unbedingt negativ.
Interessant ist die Tatsache, dass Hallervorden seine „Didi“-Figur von Film zu Film veränderte und weiterentwickelte. Vom „Doppelgänger“ über die „Enterbten“ bis „auf vollen Touren“ lässt sich eine Entwicklung der Figur weg vom „Nonstop Nonsens“-Prototyp feststellen. Beim jüngsten der drei Filme gibt es dann nur noch seltene Reminiszenzen an die gute alte „Palim, Palim“- Zeit.
Ansonsten wissen auch Hallervordens Schauspielkünste zu gefallen. Auf vollen Touren weist ja als einziger der drei Filme nur eine Rolle für ihn auf, ansonsten meistert er die 7(!) Rollen in der Rache der Enterbten und die 4 Rollen im Doppelgänger souverän. Richtig, eigentlich sind es ja nur zwei Rollen in seinem 83er-Film, doch wer genau hinsieht wird bemerken, dass Hallervorden es nicht dabei belässt, einmal stur Bruno Koop sowie Hans Immer zu spielen. Er nuanciert die beiden Rollen, wenn grad ein Identitätswechsel aktiv ist, so dass es zwischen den beiden angelegten Grundrollen auch noch die Unterrollen Bruno Koop als Hans Immer und Hans Immer als Bruno Koop gibt. Da schlaffen sämtliche Supernasen ab.
Generell lässt sich sagen, dass alle drei Filme von der Geschichte her sicherlich nicht atemberaubend neu sind. Auch der Vorwurf der katholischen Filmkritik, dass die Drehbücher viele Stereotype und Klischees aneinanderreihen ist nicht von der Hand zu weisen. Hier zeigt sich aber wieder einmal, was der „NdF“ auch mit unseren Schreiberlingen angestellt hat. Nicht jeder Film muss tiefgründige hintersinnige Konnotationen und Sub-Texte enthalten! Hallervordens Filme sind, obwohl mit gesellschaftlichen und politischen Spitzen angereichert, inhaltlich banal, aber weisen eine gute Dramaturgie, ordentliches Tempo, herrlichen Wort- und Bildwitz (wenn man mit dem Hallervordschen Humor etwas anfangen kann; Logo – Geschmackssache), gelungene Kamera- und Regiearbeit (selbst das Autoren-Team Hallervorden/Rateuke fällt da nicht negativ aus dem Rahmen) und unterhaltsame, gut ausgeführte Action auf. Hollywood machts nicht anders, nur ein paar Mark teurer. Ja tatsächlich, gelungene Actionkomödien aus Deutschland, zudem aus den tristen Kohl-Jahren: Sowas gibt’s wirklich!
Die, in Anbetracht des Alters der Filme, sehr gute Bild- und Tonqualität hab ich ja schon weiter oben erwähnt. Daneben können die Turbine-Scheiben auch im Bonusbereich erfolgreich punkten: Neben einigem noch aus dem Archiven gefischtem Schnittmaterial und verschiedenen zeitgenössischen Fernsehauftritten Hallervordens ist jeweils eine Folge der TV-Serie Zelleriesalat und Gitterspeise sowie ein Audiokommentar enthalten. Hier wurde dem Hauptdarsteller Dieter Hallervorden und dem Producer Wolf Bauer neben einigen anderen an der Produktion Beteiligten (u.a. Kameramann Joseph Vilsmaier bei „Didi auf vollen Touren“) auch jeweils ein aktueller Jungregisseur als Moderator an die Seite gestellt. Mit unterschiedlichem Erfolg: Beim Doppelgänger erläutert Peter Thorwarth („Bang Boom Bang“) gerne wichtige Eckpunkte einer guten Erzählung. Doch neben dem ganzen Gewese um Plot-Points etc. scheint er nicht sonderlich daran interessiert zu sein, die Erinnerungen seiner Kommentatorskollegen anzuregen. Als er gegen Ende des Filmes dann Hallervorden auch noch um Karten für die „Wühlmäuse“ anhaut, fragt man sich doch glatt, ob er sich zu jedem Zeitpunkt bewusst war, dass er hier einen Audiokommentar für eine DVD moderiert! Kann man so was nicht hinterher klären? Tobi Baumann („Der Wixxer“) passieren solche herben Ausrutscher nicht, er nervt die Herren schon öfter mit Fragen an ihr Gedächtnis, braucht jedoch für jede dieser Fragen mindestens eine Minute Redezeit, während dieser man sich doch manchmal wünscht, seine Mitstreiter im Raum könnten jetzt einfach schon mal antworten, weil inzwischen eh jedem klar ist, worauf die Frage abzielt. Den besten Job machte m.M. nach bisher Christian Zübert („Lammbock“) auf der „Rache der Enterbten“ DVD, indem er wirklich mal den Fan raushängen lässt und die Herren mit Fragen bohrt, das es raucht. Als dies und den jeweiligen Soundtrack auf separater CD gibt es aber nur auf der limitierten Erstauflage. Also hurtig.

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