Dienstag, November 12, 2013

Das war nix, Kommissar X


Kommissar X jagt die roten Tiger
D/ITA 1971 85 Min
von Dr. Harald Reinl
mit Tony Kendall, Brad Harris, Rainer Basedow, Gisela Hahn
Video (VMP)

Zwischen 1966 und 1969 konnte sich Herr X ausgiebig in deutschen Kinos austoben. 6 Spielfilme entstanden in kurzer Reihenfolge, was, wie immer, dazu führte, dass der Wind der konzeptionellen Abnutzung die Zuschauer nach und nach aus den germanischen Kinotheatern wehte. So wurde branchenüblich Herr Kommissar aufs Altenteil gehievt, um seinen Lebensabend fröhlich schlabbernd vor sich hin zu örken. Doch nicht lange sollte er ihn wohliger Nichtstuerei vor sich her faulen, denn ein findiger Produzent wollte 1971 noch einmal alles auf den alten Klapperkasten setzen. Ein Re-Boot also, und mit im Boot saß auch sein alter Spießgeselle Tom Rowland. Ein paar modische Neuerungen, vor allem in der Gewaltsektion, zu der ewig gleichen abgedroschenen Agentensülze (Geheimorganisation, Frauen, exotische Kulisse etc.) sollte die Zuschauer wieder für den guten Kommissar X einnehmen. Dazu wählte man noch Qualität für den Regiestuhl und ließ sich gleich den Filmdottore Reinl kommen und das Abenteuer marktgerecht in die Filmrolle zu hämmern. Doch irgendwie irgendwo müssen sich die Dinge während der Produktion dann negativ entwickelt haben (wahrscheinlich war einfach auch das Budget knapp) – oder um es kurz zu sagen: „Kommissar X jagt die roten Tiger“ ist ein ziemlicher Heuler geworden. Warum? Wieso? Weshalb? Gucken wir uns die Sache mal an:

Regie/Schnitt: Reinls Arbeitszeugnis würde bei diesem Film wohl lauten: „Er war stets bemüht!“ Oder aber: „Akute Unlust tötete die Kreativität!“ oder wahrscheinlicher: „Wenig Budget = wenig Drehzeit = wenig Regie! Tatsächlich zeigt die Regieleistung deutliche Anzeichen dafür, dass die Brieftasche der Produzenten wahrscheinlich nicht allzu weit geöffnet war. Es gibt massenweise Zooms und hastige Szenenwechsel, so dass ich mir sekundenweise immer wieder wie in einem Erguss des guten alten Jess Franco vorkam. Der Drive fehlt auch in Punkto Schauspielerführung. Das schaut alles ziemlich teilnahmslos aus, so als wolle uns der Doktor zurufen, dass er keinen Bock auf den Mist hatte. Interessant ist in dem Zusammenhang die Frage, ob der fertige Film von vornherein so konzipiert war, oder aber in der Post-Produktion noch krampfhaft versucht wurde, zu retten, was noch zu retten ist... Warum ich mir diese Frage stelle, Teil 1 - Die Actionszenen: Die sind ziemlich vergurkt, weil sie mit einem stetigen Zeitraffer versehen sind, der an selige 30-50er Jahre-Filme erinnert. Ob der gute Regie-Doktor dafür sein Einverständnis gegeben hat? Oder er sogar meinte, dass sähe gut aus? 
Kendall/Harris/Basedow: Alle drei wirken auch etwas müde in dem Film. Um das aufzupeppen, hat man gerade den Dialogen der Herren Kendall und Harris ein Brandt-zeichen auf die Schalmei  gestanzt. Jepp, es gibt die volle Ladung an mal mehr, mal weniger gelungenen Einzeilern, gepaart mit etwas Situationskomik und ein paar Rainer-Klassikern – der „Scheuerfutz“ ist auch wieder an Bord. Das ist tatsächlich stellenweise witzig, wirkt aber an manchen Stellen genauso deplatziert in Film, der ja mit einer eher ernsten Hauptstory unterwegs ist. Doch gegen Schmierlappen Basedow verkommen diese Bedenken zum Nebenschauplatz, denn er ist hier meine Persona non grata. Als Comic Relief im Film wirkt er in seiner überzogenen Glitschigkeit eher abstoßend als belustigend. Gruselig! Schon nach zehn Minuten habe ich mir gewünscht, dass der Ziegelstein, von dem gleich noch die Rede sein wird, ihn getroffenen hätte. Der Ertragbarkeits-Faktor des Films hätte es ihm gedankt. Auch hier drängt sich übrigens die Frage nach Plan oder Kosmetik auf… Warum ich mir diese Frage stelle, Teil 2 – Die Rollen und ihre Funktion: Wenn ich Saft-Tolle Basedow als Comic Relief im Film installiere, warum bekommen dann Kendall und Harris über die Synchronisation die ganzen Kalauer zugeschustert?

Warum ich mir den Film trotzdem ansehen sollte (zu mindestens die ersten 10 Minuten): Ja, es gibt sie, die eine Szene, die ihres gleichen sucht in der Filmhistorie! Ich erwähnte ja schon, dass in dem Film ein klein wenig mehr der rote Lebenssaft auftaucht, verglichen mit den Vorgängern der Reihe. Hier fällt eine Szene auf, die sich wohl als brutaler Brustlöser positiv auf die nachfolgende Rezeption der Zuschauer  auswirken sollte. Nun ja, als Brustlöser funktioniert sie auch, allerdings in Punkto Lachanfall. Und hier kommt unser bereits angesprochener Ziegelstein ins Spiel. Jener wird nämlich gemeinerweise von einem Häuserdach geworfen und macht alsbald Bekanntschaft mit dem Kopf eines in einer Limousine sitzenden Polizeibeamten. Das alles passiert übrigens im Off, während wir Fett-Haar Basedow bewundern dürfen. Der Knaller ist jedoch der Shot, die uns die Auswirkung der Frevel-Tat zeigt: Wir sehen einen Ziegelstein, der quer im Kopf des Dahingeschiedenen steckt. Nein, nein, nicht längst, quer!! Ja, der Stein hat sich in den Kopf gebohrt!!! Das kommt wohl davon, wenn man eine zu weiche Birne hat... Egal, die Szene ist in seiner Blödheit genial, und diese Szene ist auch der einzige Grund, warum die Kassette dieses am unteren Ende der Durchschnittlichkeit dümpelnden Films bei mir zu Hause stehen bleiben darf. Okay, die Szene und das 70’s-Flair, welches hie und da mal aufblitzt.


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